laut.de-Kritik

Vom Leben, von der Liebe und vom Geld.

Review von

"'Life Is Good' repräsentiert die schönsten, dramatischsten und schwersten Momente meines Lebens." Nas wählt große Worte, um seine zehnte Scheibe zu beschreiben. "Dieses Album erzählt vom Leben, von der Liebe und vom Geld." Vorbei die Zeiten schwerer Vorwürfe gegenüber Politik und Gesellschaft: Nasir Jones steht im Mittelpunkt des Geschehens.

Vorbei sind außerdem die Zeiten, in denen man ihn als einen miesen Beatpicker bezeichnet. "I decided now I'm in charge". Recht so. Der Mittelweg "No Introduction" aus Intro und Track verdeutlicht die Omnipräsenz des begnadeten Flow-Künstlers – auch nach über 20 Jahren im Rapgame.

Dauer-Kopfnicken wie bei rückgratlosen Marionettenpuppen setzt ein, wenn die "Loco-Motive" Fahrt aufnimmt und mit dumpfen Drum-Schlägen und Piano-Loops durch NYC heizt. "So much to write and say / I don't know where to start / So I'll begin with the basics and flow from the heart." Als Fahrgast in der ersten Klasse wirft Large Professor noch ein paar Holzscheite mehr ins Feuer. Vollgas. Umwerfend!

"Daughters" thematisiert die pubertäre Rebellion von Nas' 18-jähriger Tochter. Ihr Vater zeigt Probleme in der Erziehung auf und macht sich selbst Vorwürfe, sich nicht genügend gekümmert zu haben. "At this point I ain't the strictest parent / I'm too loose, I'm too cool with her / Shoulda drove on time to school with her." Das Steam-Sample nutzt No I.D., um ein Beatgewand zu knüpfen, das dem Ganzen den nötigen Ernst liefert, dabei aber trotzdem locker-leicht aus der Hüfte schießt.

Haus- und Hof-Produzent Salaam Remi und eben genannter Chicago-Finest schustern dem Hauptdarsteller ein stimmiges, meist Sample-basiertes und häufig an die Golden Era erinnerndes Beat-Konstrukt. Nas beweist damit seit langem wieder einmal ein glückliches Händchen. Er läuft keinem Hype hinterher oder meint, den neuesten 'game-changing shit' auf sein Album packen zu müssen. Er besinnt sich lieber auf Qualität statt Quantität.

Nicht nur Mary J. Blige steht auf der Gästeliste, auch Anthony Hamilton versüßt den in der Melancholie angesiedelten, langsam Sehnsucht hervorrufenden Soul-Beat auf "World's An Addiction". Ein Klavier gängelt und umgarnt von der ersten Note an Gefühl und Seele. Nas versetzt den Hörer Kopfkino-haft in die Tiefen der harten Straßen-Welt.

Anschließend folgt die einzige wirkliche Ausnahme: "Summer On Smash". Nas liebt den Sommer, Moneten, Weed und "damn near naked women" - und zwar so ziemlich alle: "black, asian, italian, mixed chicks, middle eastern, eritrean, ethiopian ..." Die laszive Florida-Lässigkeit wirkt ein wenig gekünstelt, der Swizz Beatz-Banger soll wohl auch durch die Cadillacs der Maybach-Fraktion pumpen. Hier fehlen noch die nötigen Pferdestärken unter der Bentley-Haube.

Ein an die 30er Jahre erinnerndes luftiges Saxophon veredelt "Stay" und sorgt für entspannte Stimmung. Die Berufung seines Vater als Jazz-Musiker scheint nicht spurlos an Nasty Nas vorbeigezogen zu sein. Ein ähnlich laid back Boom Bap abfeiernder Beat klimpert auch bei "You Wouldn't Understand" aus den Boxen.

Richtig Gänsehaut verursacht "Cherry Wine": Die Jahrhundert-Stimme von Amy Winehouse erinnert noch einmal schmerzlich daran, was für eine großartige Künstlerin vor knapp einem Jahr von uns ging. Das Duo Winehouse/Nas featurete auch ihr posthumes Album "Lioness: Hidden Treasures". Doch "Cherry Wine" klingt von der Produktion her ausgefeilter und mehr nach verrauchter Soul-Bar. Nas spielt wie selbstverständlich auf die vortreffliche Beschreibung einer Dame von Frank Whites "Me And My Bitch" an: "An immaculate version of me and my bitch by biggie / With all respect cause you the only that gets me."

Bis auf den einen kurzen Regenschauer, den Nas als Sommer-Hymne zu deklarieren versucht, liegt ein ausgezeichnet vorgetragenes Album vor. Es wirkt persönlich, teilweise gönnerhaft und angeberisch. Doch diese Arroganz kann sich Nas auch leisten: Solche Reimstafetten, die Vortragsweise und dieser unbändige Hunger, sich als Rap-King festzubeißen, machen diese Platte zu einem absoluten Sommer-Highlight 2012.

Trackliste

  1. 1. No Introduction
  2. 2. Loco-Motive
  3. 3. A Queens Story
  4. 4. Accident Murderers
  5. 5. Daughters
  6. 6. Reach Out
  7. 7. World's An Addiction
  8. 8. Summer On Smash
  9. 9. You Wouldn't Understand
  10. 10. Back When
  11. 11. The Don
  12. 12. Stay
  13. 13. Cherry Wine
  14. 14. Bye Baby

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23 Kommentare

  • Vor 11 Jahren

    "Nas beweist damit seit langem wieder einmal ein glückliches Händchen. Er läuft keinem Hype hinterher oder meint, den neuesten 'game-changing shit' auf sein Album packen zu müssen. Er besinnt sich lieber auf Qualität statt Quantität."

    imo nein! Sehr uninspirierte, lahme Beats, plätschern so vor sich hin. (wie eigentlich oft bei Nas, leider). Nichts Hitverdächtiges drauf (Daughters hat mir noch am besten gefallen).
    Von den Lyrics her natürlich über jeden Zweifel erhaben...

  • Vor 11 Jahren

    ich freu mich drauf...bin gespannt.

  • Vor 11 Jahren

    Schönes Album mit vielen harmlosen Soulbeats, Gänsehaut hat ich bei dem Mary J Blidge Track. Und das Outro hat einen kosmisch geilen Beat. Loco-Motive erinnert irgendwie an NY State of Mind, Daugthers hat sehr schöne lyrics gen Ende und Erste hälfte des album deutlich lauter/auffälliger während die zweite ruhig und warm ist

  • Vor 11 Jahren

    keiner kann besser flowen. er und one be lo sind die besten rapper alive

  • Vor 10 Jahren

    Dass er als MC übermenschlich ist, steht ja außer Frage.

    Ich persönlich find aber auch die Beats des Albums sehr geil und kann den Hate diesbezüglich eigtl nicht verstehen. Auch wenn Nas immer wieder in der Vergangenheit auf ziemlich vielen scheiß Beat gerappt, aber dieses Album find ich auch beattechnisch einfach richtig fett.
    Nur Summer on Smash is ein Totalausfall und The Don auch ziemlich uncool, aber ansonsten find ich jeden weiteren Beat einfach übertrieben dope. Ich finds ja schön, dass er wieder zu seinen oldschooligen Illmatic-Wurzeln zurückkehrt. Die Zeit mit Damian hat ihm gut getan^^

    Besonders gut gefällt mir Loco-Motive mit diesem richtig schönen roughen Illmatic-Sound. Der Stay-Beat is auch der reinste Orgasmus. Und auch Daughters, Queens Story, Cherry Wine, Worlds An Addiction, No Introduction und Back When find ich sehr dope. Die schwacneh Beats von denen alle hier reden, find ich einfach nicht (außer eben Summer On Smash und The Don)