9. Oktober 2013

"Ich bin überall nackt"

Interview geführt von

Muso verwirrt: Er jongliert mit Bildern, haut uns Songs um die Ohren, denen der rote Faden fehlt und dann ist er auch noch nackt. Der junge Dichter erzählt uns im Interview, wie überflüssig Klamotten und ein Image eigentlich sind und warum er niemals einen auf Peer Steinbrück machen wird.

"Muso ist die Antithese." Da ist es nur logisch, dass der eine Musikredakteur ihn in den höchsten Tönen als den "deutschen Aesop Rock" feiert, während der andere ihn müde lächelnd als "schlechten Texter" in der Schublade "Chimperator-Maßarbeit" verschwinden lässt. Muso macht es einfach anders. Und Muso polarisiert. Dabei führt uns der Wahlheidelberger einmal mehr zur der Musik inhärenten Erkenntnis: "Es geht immer um die Köpfe der Leute."

Dienstag Abend im Feierwerk in München: Da sage bitte nochmal einer, Backstagebereiche seien ungemütlich! Im Feierwerk können die Künstler quasi von der Bühne direkt ins Bett fallen. Der Backstagebereich erstreckt sich hier über mehrere Zweibettzimmer und eine große gemütliche Wohnküche. Mops Elmo musste während der "Stracciatella-Now"-Tour durch 13 Städte leider zuhause in Heidelberg bleiben.

Dafür hat Muso aber Masta Ace im Gepäck, der heute direkt nach ihm die Bühne betritt. Während die Voracts bereits in den Startlöchern stehen, treffen wir den Deutsch-Italiener auf einen entspannten Plausch um den vollbeladenen Küchentisch.

Jetzt geht's bald auf die Bühne, nä? Hast du noch Lampenfieber?

Ja voll! Jedes Mal. Live geht's um die Wurst. Wenn man sich was auf Platte anhört, ist das alles schön und gut, aber jetzt kommen die Leute zum Auftritt und das ist für mich so ziemlich das Wichtigste. Das ist der direkte Weg zwischen zwei Punkten - die Gerade. Ich hab dabei auch sehr hohe Ansprüche an mich selbst. Es sind immer nur ganz kleine Faktoren, die es dann bestimmen, ob es cool läuft oder nicht.

Was könnte dich denn auf der Bühne total aus dem Konzept bringen?

Das kann auch echt nur sein, dass jemand in der vierten Reihe kurz auf Toilette muss, dreht sich um und ich deute das dann für mich so, dass er keinen Bock mehr auf mich hat. Das sind so Kleinigkeiten, aber da muss man einfach stabil bleiben. Das ist immer ein Kampf mit mir selbst auf der Bühne - mit mir und den Songs. Hält jemand ein Handy hoch, um das zu filmen, denke ich mir: Okay, wie sieht das jetzt aus? Dann versuche ich mich aus der Sicht dieses Dinges zu sehen und sowas ...

Oh je, da darfste ja gar nicht mit anfangen, oder?

Nee, das sind Dinge, über die darfst du nicht nachdenken, während du singst oder rappst - das ist zuviel. Schon hart, aber da fühlt man sich lebendig. (lacht)

Werde ich nun irgendwelchen eingeschweißten Ritualen beiwohnen dürfen, mit denen sich ein Muso auf die Show vorbereitet?

Ist ja noch ein bisschen hin. Aber ja: nochmal die Atemwege reinigen ...

... mit 'ner schönen Kippe ...

(lacht) ... ausspucken oder so - boah ich hab heut auch schon wieder so viel geraucht - oder ich mach: brrrrrrrrrr (Muso schüttelt den Kopf, lässt die Lippen flattern und sieht seinem Mops für einen kurzen Moment gar nicht mehr so unähnlich), um die Mundmuskulatur zu lockern und sonst versuche ich mich zu 'nem guten Vibe zu bringen. Ich habe gemerkt, dass ein gutes Gespräch vor einem Auftritt oft auch viel hilft, um gut drauf zu sein.

Du hast wiederholt verlauten lassen, dass du dich wahnsinnig darauf freust, wenn die Leute - aufgrund der Tatsache, dass "Stracciatella Now" jetzt in den Läden steht - deine Lyrics nun bereits kennen und mitrappen können. Du hast ja jetzt einen Teil deiner Tour bereits hinter dir. Wie ist das denn nun so in der Praxis?

Da kommen echt so gestörte Leute, die alles mitrappen. Und wenn mir dann mal die Puste ausgeht, halte ich das Mikrophon einfach in die Menge und die rappt das dann. Das ist schon großartig.

Überhaupt bisher gutes Feedback auf der Tour?

Auf jeden Fall!

Im Vorfeld wurde ja vermutet, dass deine Musik das Publikum eventuell etwas überfordern könnte. Deine Musik gilt ja als etwas "sperrig" und "verkopft". Allerdings sagt man ja auch, dass Kunst nur dann wirklich Kunst ist, wenn sie irritiert. Siehst du das auch so?

Ja, man muss die Leute schon aus ihrem wohlbehüteten Nest herauslocken - emotional. Bei Auftritten wollen die Leute immer interagieren mit dir, aber wenn du die Leute einfach stehen lässt, als wenn sie einen Film kucken würden, dann betrachten die das anders. Ob man mit einem Künstler agiert und Teil des Geschehens ist oder sich wirklich nur berieseln lässt, das sind zwei vollkommen unterschiedliche Sachen. Das eine ist, Film kucken, das andere mitrappen. Ich versuche, immer beides in meine Show zu integrieren. Die Leute sollen zuhören, wenn ich was spiele, was nicht zum Abgehen ist, und sollen Teil der Show sein und mitrappen, wenn was anderes kommt.

Über "Garmisch Partenkirchen" ist bekannt, dass du das in einer Nacht und frei assoziativ geschrieben hast. Schreibst du generell nur so?

Nee, nicht nur. Auf der Malibu Beach EP gibt's z.B. zwei Songs, die sind nicht so geschrieben und auf dem Album sind auch zwei, drei Songs, bei denen ich schon mit rotem Faden durch bin. Aber vieles ist frei assoziiert.

Thematisch gehst du also gar nicht an Sachen ran?

Doch schon auch. "Schatten" oder "Wald" oder "Alles sofort" - ich habe schon Songs, die ich zu einem Thema schreibe. Aber es langweilt mich halt sehr schnell. Nicht, weil ich nicht die Geduld habe, sondern weil ich denke: ein Thema? Das ist dann schon so als müsste ich eine Doktorarbeit über eine gewisse Sache schreiben. Bei Songs, die ich zu einem Thema schreibe, habe ich immer das Gefühl, ich hab was vergessen oder was Wichtiges weggelassen.

Das ist richtig Arbeit. Da brauchst du ja erstmal 'ne Mindmap und musst ein Brainstorming machen: was gibt es zu dem Thema für Begriffe? Welche sind doppeldeutig usw. Aber mach ich auf jeden Fall auch.

Du hast eine schwierige Kindheit hinter dir, bezeichnest dich selbst als "trouble kid" und Ritalin-Buben. Es heißt ja oft: umso schwieriger das Kind, umso größer später der Künstler.

(lacht) Cool! Vielen Dank.

Inwiefern hat deine Vegangenheit denn dein künstlerisches Schaffen geprägt? Und kann man diese Aussage tatsächlich verallgemeinern?

Musik ist immer Kunst. Man muss gar nicht so einen Kunstanspruch haben wie ich. Es muss einfach vielseitig und vielschichtig sein. Bei mir war es tatsächlich so: es ging nicht nur um die Musik, sondern auch um den Kampf mit mir selbst. Und darum, das alles auf eine sprachliche Ebene runter zu brechen. Ich verwende keine Anglizismen, wie es im Rap üblich ist, sondern versuche alles so "clean" und "rein" wie möglich zu halten. Das war mir von Anfang an wichtig und ist mir, glaube ich, auch gelungen.

Du kommst immer an den Punkt: nach dem Song ist vor dem Song. Und musst dann als Künstler überlegen, wo du hin willst. Da befasse ich mich gerade mit und überlege, vielleicht noch einen Schritt weiter zurückzugehen - zurück zu den Wurzeln und das auch wieder mit aufzugreifen. Aber das ist ein ewiger Prozess. Ich will jetzt nicht sagen, dass das, was ich gemacht habe, so weltbewegend ist, aber es ist auf jeden Fall was Neues gewesen.

Das war vielleicht sogar mein Motiv. Auf jeden Fall hat mich das veranlasst, nur auf mich zu hören und mich total abzuschotten von all dem, was man kennt. Ich habe in der Zeit auch bewusst keine anderen Rapplatten gehört. Ich wollte meine eigene Stimme finden, meinen Stil. Das ist halt sauschwer, wenn man den ganzen Tag Deutschrap hört und von vielem geflasht wird.

"Die Leute lieben oder hassen es - und dafür danke ich Gott"

Was schätzt du denn an der deutschen Sprache so, dass du dich entschieden hast, dich nur in dieser Sprache auszudrücken?

Im Englischen hast du halt sauviel Raum zur Interpretation. Deutsch ist so eine schöne und genau beschreibende Sprache. Das hat mich schon immer fasziniert. Ich bin durch meine Mutter - sie hat Schlager gehört – an deutsche Texte gekommen. Ich hatte nie wirklich Bezug zu Literatur damals und hab mir das selbst aus dem Rap, den ich mir angehört habe, herausgearbeitet. Ich mache das jetzt dreizehn, vierzehn Jahre - wenn das vor ein paar Jahren rausgekommen wäre, wäre es nicht so wie es jetzt ist.

Ich musste älter werden, um das so runterbrechen und mich so ausdrücken zu können, wie ich das haben wollte. Rapper sind die eitelsten Menschen überhaupt - wie alle Frontsänger oder -männer. (lacht) Sein Ego da mal rauszunehmen! Zum Beispiel aus den Aufnahmen: 'Nee, das geht aber geiler! Nee, das klingt nicht nach Rap so, das müssen wir richtig machen!' Das war schwer für mich. Ich dachte: die Leute werden das zerreißen. Aber du darfst dich nicht den Leuten anpassen. Da gibt's ja Menschen, die darauf stehen. Und vielleicht muss man auch mal ein anderes Ventil finden für die Leute.

Ja - es gibt ja gerade wieder eine starke Rückbesinnung auf die deutsche Sprache.

Ja voll! Und was ich auch schon oft gehört hab: klar geht es darum, was du sagst, aber es geht auch darum, was du nicht sagst in einem Song. Es gibt so viele Rapper ... Du kannst Rap heutzutage nicht als "meinen Standard" oder "meinen Punkt Null" nehmen, von dem aus ich jetzt weiterarbeite. Das wäre komisch. Dann wäre ich nicht ich selbst. Trotzdem würde ich auch gern mal ins Studio gehen und ein Album machen, auf dem ich versuche wie Eminem zu rappen und alles zu zerstören. Vielleicht kommt die Zeit mal - wenn ich mich einschließe und richtig Lust auf Rap hab.

Meinst du, Sprache vermag überhaupt das widerzugeben, was wir ausdrücken wollen?

Eine Diskrepanz gibt es da immer zwischen dem 'Sprachbild' und dem 'Bildbild'. Ich habe andere Assoziationen zu den Wörtern als andere Menschen. Das ist aber in jeder Sprache, glaube ich, schlimmer als in der deutschen. Im Deutschen gibt es schon fast jedes Gefühl. Auch Wörter wie "Zeitgeist" gibt es nur im Deutschen. Zwischen den Zeilen ist aber bestimmt etwas, was ich nicht sehe, aber vielleicht jemand anders.

Ich habe auch gemerkt, dass auf meinen Konzerten clevere Leute sind. Ich sag aber nicht, man muss clever sein, um meine Musik zu hören. Man muss sich nur darauf einlassen. Das ist das Allerwichtigste. Ganz geschafft, zu beschreiben wie's mir geht, habe auch ich mit meinen Songs noch nicht, aber mir geht's auch jeden Tag anders (lacht) Eigentlich muss ich jeden Tag einen anderen Song schreiben.

Wie würdest du den Menschen Muso denn in ein paar Worten charakterisieren?

Maßlos, fahrig, faul!

Faul?

Mhmm. Ich bin relativ faul.

Auch in Bezug auf deine Musik oder die Albumproduktion?

Das jetzt nicht. Das ist ja ein Hobby von mir. Aber sonst so - wenn ich sehe was andere Leute alles machen nebenher und die so geschissen kriegen müssen. Da mach ich's mir schon relativ einfach. Und sonst - wie würde ich mich beschreiben? Ich habe Tage, an denen ich denke, ich bin der Größte, und manchmal Tage, da fehlt mir das Selbstvertrauen für alles. So bin ich. Falco hat doch auch mal gesagt: "Entweder bin ich ein Genie oder gar nichts."

Und so ist auch mein Sound. Entweder die Leute lieben es oder sie hassen es! Dazwischen gibt's nichts! Und dafür danke ich Gott. Nicht in dieser grauen Masse von Hasspredigern unterzugehen, weißt du? Das hätte mich abgefuckt. Eine Single auf dem Album zu haben und dann kommen die ganzen Leute und wollen abgefrühstückt werden. Und dann hören sie den Rest des Albums und können sich damit nicht identifizieren, sondern warten nur bis dieser eine Song kommt ... Ich bin verdammt dankbar für die Leute, die zu meinen Konzerten kommen. Aber zurück zur Frage: Ich bin ein extremer Typ, sagen wir mal so. Ganz oder gar nicht.

Und sehr, sehr offen, kann man sagen. Du gibst jetzt schon sehr viel von dir preis. Du redest über deine Schlafstörungen, Panikattacken, Drogenprobleme etc. Hast du die Erfahrung gemacht, dadurch angreifbarer zu sein oder denkst du darüber gar nicht nach?

Ich glaube, wenn die Leute das in den Youtube-comments oder auf Facebook oder sonst wo kritisieren: das macht man halt so in der Öffentlichkeit. Ich glaube, am Ende des Tages, wenn jeder für sich alleine ist, muss jeder wissen, was die Wahrheit ist. Mein Motiv war es nie, mir ein Image aufzubauen. Und ich habe auch einfach schon zu viele Interviews gegeben, um da zu kalkulieren, was ich sage. Da würde ich mir millionenmal widersprechen. Aber ich gebe dir recht: es ist schon ziemlich schwer.

Man hat nur einmal die Chance (man sagt ja, fürs erste Album brauchst du dein Leben lang, fürs zweite zwei Jahre) und diesen ersten Eindruck habe ich halt schon weg bei den Leuten. Ich fühle mich manchmal schon auch wie ein offenes Buch, wenn meine Familie oder meine besten Freunde sagen: "Schon krass, was du da alles von dir erzählst!" Ich bin mir dessen nicht bewusst. Aber ich weiß, dass es anderen Leuten in vielen Dingen auch so geht. Warum soll's anderen Leuten nicht so gehen, wenn's mir so geht? Ich bin ja auch nur einer von vielen.

Daher denk ich mir: Mut zur Lücke! Mut zur Blamage! Deshalb bin ich auf dem Albumcover nackt, deshalb bin ich nackt auf den Songs und in den Interviews bin ich auch nackt. Ich habe wohl zu viel Gutes erfahren, um mit der Bösartigkeit der Menschen zu rechnen. Es ist mir klar, dass ich Projektionsfläche bin und alles, aber ich habe darüber nie nachgedacht. Ich sage, was mir in den Mund kommt. Wenn ich was hasse, dann ist das der Verkauf von falschen Images. Das haben die Stieber Twins auch mal auf Platte gesagt.

Mhmm. Musik ist nichts zum Anziehen.

Voll. Und dann siehst du wie die Kiddies mich als Hipster abstempeln. Eigentlich mach ich mir weniger Gedanken um Mode als 70 Prozent da draußen. Ich zieh an, was frisch ist, und habe halt Gottes Segen oder die Gene meiner Eltern, dass ich einigermaßen gut aussehe. So im Vergleich zu manch anderen Leuten wahrscheinlich ... Das weiß ich auch. Vielleicht ist es auch diese Diskrepanz zwischen meinem verkopften Inneren und meinem Aussehen, die bewirkt, was manche Personen in mich reinprojezieren. Aber ich hoffe, es wird auch in den Interviews deutlich, dass ich nicht so der geleckte Typ bin.

"Der Albumkäufer ist mein Therapeut"

Du hast mal gesagt: Wenn man rappt, muss man keinen mehr brettern, um sich Respekt zu verschaffen, weil man dann die verbale Gewalt hat. Wie wichtig sind dir denn Respekt und Anerkennung durch Rap?

Ich glaube, jeder braucht irgendwas, mit dem er seinen Druck abbauen kann. Und wenn du dich nicht durch Sprache vermitteln kannst, staut sich alles in dir auf. Die Leute sehen nichts in dir, wenn du deinen Mund nicht aufmachst und dann musst du sie halt brettern. Ich bin in einer Gang von Jugendlichen groß geworden und wir waren alle Kriminelle. Es waren auch Boxer dabei. Einige Freunde von mir sind unglaublich gute Sportler. Aber halt auch Boxer. Und die Typen waren knallhart. Die hatten es schwerer als ich, waren ohne Eltern oder mit einem Elternteil, der drogenabhängig war und was weiß ich was nicht alles.

Und ich glaube, wenn man sowas immer in sich rein frisst ... Ich kenn das ja! Ich weiß auch noch, wie ich ausgerastet bin. Als meine Mum und ich von meinem Vater weg sind, ich habe die Schulen gewechselt und mich immer geprügelt. Aber das war einfach: Kopf abschalten und das nachmachen, was man sieht. Wie willst du ins Reine kommen? Wie willst du dir Respekt verschaffen? Entweder verbal oder physisch.

Deshalb glaube ich nicht, dass Bushido den Bambi verdient hat. Aber man kann in seinem Fall vielleicht so argumentieren, dass er zumindest in Interviews angemessen redet - also richtiges Deutsch. In seinen Songs ist das was anderes. Da müssen die Leute begreifen, dass das ein Stilmittel ist und dass die Rapper sich mit ihren Waffen schlagen. Aber: es ist verbal! Egal, was man da sagt auf der Platte: es ist verbal. Und die Trottel, die's für wahr halten und nachmachen, haben Hip Hop nicht verstanden.

Du bist inzwischen bei Chimperator und hast damit eine sehr starke Maschinerie hinter dir. Der große Erfolg ist nicht mehr utopisch. Auf dem Chimperator Openin im Frühjahr diesen Jahres hast du aber gesagt, Angst zu haben, an dem womöglich zu zerbrechen.

Ja. Das stimmt.

Hat dein Künstlerdasein und dein wachsender Erfolg denn schon irgendwelche Auswirkungen auf dich? Sind deine schlaflosen Nächte jetzt noch länger, wirkt sich deine Musikkarriere sonstwie kontraproduktiv auf deine Stabilität aus oder ist es genau umgekehrt, weil du nun auf deinem Weg bist und hier Unterstützung findest?

Ich versuche meine Nische zu finden und das klappt eigentlich ganz gut. Es ist ganz unterschiedlich, wie Menschen auf Druck reagieren. Ich bin, glaube ich, eher der Mensch, den das beflügelt, weil ich sage: das ist jetzt für was. Andererseits habe ich nie Bock, das zu machen, was ich machen muss. Und das muss man jetzt halt. Jetzt ist es Zeit fürs zweite Album. Aber darauf habe ich mein ganzes Leben lang hingearbeitet. Das Ventil ist da.

Jetzt weiß man, wofür man's macht. Es gab immer Eckpfeiler in meiner musikalischen Karriere, wo es auch ein Stück nach vorne gegangen ist und ich das sofort gemerkt habe an mir und meiner eigenen Motivation. Man gewöhnt sich ja an alles so schnell. Ich bin jetzt noch nicht so megaerfolgreich, aber wenn das passieren würde, würde ich mich bestimmt auch daran gewöhnen. Ich weiß nicht, was anders wäre ... ich hätte vielleicht mal mehr Geld (lacht) Aber ich denke schon, dass es mich eher beflügelt zu wissen: jetzt wirst du gehört, jetzt wirst du therapiert, weil dir endlich mal jemand zuhört. Der Albumkäufer ist für mich auch ein Therapeut.

Da du so gerne frei assoziierst: lass mal machen. Ich sag dir ein Wort und du assozierst.

Klar.

"Disco".

Du wirst fristlos gefeuert, tanzt ab heute nur in Discos - bescheuert ... Ich bin nicht wirklich gut im Freestylen, ich brauch da einen Beat dazu.

"Jagen".

Jäger und Sammler, Langschläfer und Gammler. Das fällt mir dazu ein. (Gelächter). Das hat Samy mal gereimt.

"Mensch".

Ich hab mal gehört, dass es auf "Mensch" keinen Reim gibt. Mensch - ranch - bench - frainch - und dann halt alles was man mit "sch" sagen kann: kensch, ...

"Pennsch"! Pennsch, Alta?"

Pennsch, Alta? Oda was? (Gelächter) Auf jeden Fall hat mal jemand gesagt, dass es auf Mensch keinen Reim gibt. De facto habe ich diese These aber gerade entkräftet.

Muso stößt an Geschirr, das auf dem beladenen Tisch vor ihm steht.

Klirr, macht das Geschirr!

Möchtest du abschließend noch etwas sagen?

Ich bin allen dankbar, die zu meinen Konzerten kommen und sich meine CDs kaufen. Was ich mache, ist was ganz Kompliziertes und es wird von ganz vielen Leuten gehatet und diese wunderbaren Menschen kommen trotzdem hin. Es wird suggeriert, was ich mache, wäre so schwermütig, aber ich will den Leuten nicht den Spaß an meiner Musik nehmen.

Aber das kann ganz schnell passieren, wenn man hört, das sei so möchtegern-philosophisch und so. Nee, ist es nicht! Es ist einfach nur nicht versteckt hinter irgendwas. Es ist Mut zur Blamage. Es ist ehrlich, es ist urban. Es ist "real" aus meinem Herz heraus. Und diesen Leuten werde ich danken und bestimmt keinen Mittelfinger vors Gesicht halten wie ein Peer Steinbrück es machen würde. (lacht)

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