9. April 2003

"Funk ist, was es ist!"

Interview geführt von

Auf "Made By Maceo" zeigt Parker 2003 noch einmal seine ganze musikalische Bandbreite. Er spielt nicht nur Saxophon, sondern singt auch bei vielen Titeln. Stilistisch bewegen sie sich zwischen Jazz, Big Band Swing, Blues und natürlich wieder jede Menge Funk. Da Parker wenige Tage nach dem Interview seinen 60. Geburtstag feierte, bot es sich an, auch einen Rückblick auf den Funk im Allgemeinen und seine Karriere im Speziellen zu versuchen.

Ich habe dein neues Album gehört, für mich gilt bei ihm nicht mehr das Motto: "98% Funk und 2% Jazz" ...

Ja, es sind Lieder aus verschiedenen Stilrichtungen auf der Platte. Es gibt einige, die mehr in die Funkrichtung gehen, dann rappt mein Sohn etwas, und bei anderen Stücken findet man mehr Jazz-Elemente.

Die Art der Bläserarrangements hat sich verändert. Früher war der Sound härte, perkussiver. Auf der aktuellen CD klingen die Bläser mehr nach Big Band.

Das ist richtig.

Liegt es daran, dass nicht mehr Fred Wesley die Bläserarrangements geschrieben hat?

Ja, das ist wohl der Grund. Greg Boyer hat nun die Sachen arrangiert und so hat sich auch der Stil etwas verändert.

In den Funk-Stücken spielst du mehr mit einem scharfen Sound und viel Attack. Bei den Balladen ist der Ton viel weicher. Sind die unterschiedlichen Spielarten Ausdruck verschiedener Charakterzüge von dir?

Mhm, tja, das weiß ich auch nicht so genau. Ich denke mehr darüber nach, wie ich zu den verschiedenen Songs spielen muss. "Moonlight in Vermont" muss man so weich spielen. Es geht um eine schöne Nacht mit Mondschein. Die ganze Stimmung ist romantisch. Er fängt an, den Refrain und eine Strophe vorzusingen. Wenn ich wie in einem Funk-Stück dazu spielen würde, wäre es auf einmal Funk, und das passt nicht. Im Gegensatz dazu muss ich beim Funk viel härter spielen, damit die charakteristischen Eigenschaften da sind, ob das der Ausdruck meines Charakters ist, weiß ich gar nicht. Das könnte schon sein.

Auf einem Song sprichst du über einen Mann namens Harry, den du anscheinend sehr magst. Wer ist dieser Mann?

Ääääh, Harry....? Da muss ich mal überlegen. Also, ich kannte mal einen Harry während der Schulzeit, aber nein, der hieß nicht Harry sondern Harris. Den meinte ich auch nicht im meinem Song. Es ging allgemein darum, jemandem zu danken, der ein Freund ist und der für einen da ist, wenn man ihn braucht. Das sollte man auch mal sagen und nicht nur als selbstverständlich hinnehmen. Ich habe nicht einen speziellen Harry damit gemeint. Den Namen habe ich nur so verwendet.

Warum hast du das Album in Deutschland aufgenommen? Bootsy Collins hat seine letzte Platte auch in Deutschland produziert. Ist der Funk nicht mehr populär in den Staaten, dass Funkmusiker lieber nach Deutschland kommen?

Warum Bootsy seine Platte hier aufgenommen hat, weiß ich nicht. Ich bin in Deutschland ins Studio gegangen, da ein Deutscher mein Album produzierte. Das hat nichts mit Popularität zu tun.

Du wirst jetzt 60 Jahre alt. Das ist ein guter Anlass zurückzublicken. Wie hat sich, deiner Meinung nach, der Funk in all den Jahren entwickelt und was war dein Anteil daran?

Oh, was kann ich dazu sagen? Funk hat sich gar nicht so sehr verändert. Funk ist, was es ist. Jazz ist, was es ist. Rock ist, was es ist. Beim Funk geht es darum, gut zusammen zu spielen und gute Laune zu verbreiten. Das habe ich mit James Brown gemacht. Wir haben miteinander harmoniert. Wie wir beide an die Musik heran gegangen sind, hat gut zusammen gepasst und dann später habe ich das Gleiche mit George Clinton gemacht. Was sich veränderte, ist der Einsatz von Technik. Irgendwann kamen die Keyboards dazu, dann setzte man Drumcomputer und Sampler ein. Doch die Musik an sich ist immer gleich geblieben.

In den 60er und 70er Jahren enthielt Musik eine starke politische Botschaft. Ist das immer noch so?

Also, eigentlich geht es vor allem bei den Instrumentalstücken darum, eine Party zu veranstalten. Vielleicht gibt es in dem ein oder anderen Song noch eine politische Botschaft, aber im Funk ist das nicht mehr so zentral. Das hat sich jetzt in die Hip Hop-Szene verlagert. Die Rapper sprechen in ihren Texten doch mehr soziale Probleme an.

Gibt es etwas, was du rückblickend anders machen würdest in deiner Karriere?

Nein, eigentlich nicht. Das war schon gut so, wie es gelaufen ist. Das einzige wäre vielleicht, dass ich nicht mehr so lange studieren würde. Ich wäre besser früher bei James Brown eingestiegen. Das ist aber auch die einzige Sache. (Maceo Parkers Bruder Melvin und er hatten schon während ihrer College-Zeit ein Angebot von James Brown, bei ihm einzusteigen, warteten aber damit, bis sie ihr Musikstudium beendet hatten. Anm. d. Red.)

Wie ist dein heutiges Verhältnis zu James Brown?

Es gibt kein Verhältnis zu James Brown. Wir haben miteinander gearbeitet und das hat gut funktioniert. Ansonsten hatten und haben wir nichts miteinander zu tun, deswegen gibt es auch kein gut oder schlecht. Ab und zu spielen wir noch miteinander, das ist aber alles.

Letzten Sommer habe ich ein Interview mit George Clinton gemacht. Der erzählte, dass ihr dieses Jahr zusammen auf Tournee gehen werdet. Ist das richtig?

Nein, aber es kann sich noch was in nächster Zeit ergeben. Dass wir irgendwo mal zusammen treffen in Europa, aber im Moment ist noch nichts definitiv.

Wie funktioniert das eigentlich, wenn zwei Bandleader gemeinsam auf der Bühne stehen. Wer von euch ist dann der Chef?

Das hängt von der jeweiligen Situation ab. Es kommt darauf an, wessen Gig es eigentlich ist. Wenn wir ausmachen, dass ich von beispielsweise 22 bis 0 Uhr spiele und er dann von 0 bis 2 Uhr an der Reihe ist, dann ist auch derjenige der Bandleader, dessen Zeit es ist. Der andere steht beispielsweise im Publikum, schaut zu und kommt für ein paar Stücke auf die Bühne. Er ist dann der Gast, aber nicht der Leiter. Wenn ich mit James Brown ab und zu gemeinsam spiele, ist es genauso. Es kann aber auch vorkommen, dass einer von uns an der Seite steht und es heißt: 'Einen großen Applaus für...'. Derjenige kommt auf die Bühne und übernimmt dann die Leitung für eine gewisse Zeit, bis der eigentliche Bandleader wieder dazu kommt. So besteht immer eine genaue Regelung, wer wann das Sagen hat, und es entstehen keine Komplikationen.

Kommen wir noch einmal zurück zur neuen CD. Ist "Come By And See" die Einladung zu deiner Europatournee?

(lacht) Ja, das könnte sein. Das könnte man so sehen. Der Song verbreitet gute Laune. Ich habe einige Stücke geschrieben, die auf so einem Rhythmus basieren wie bei "Come By And See". Er fängt an, auf einem Tisch zu trommeln. Dazu singt er zunächst die Basslinie an und dann den Text des halben Songs durch. Ich wollte nun so ein Stück auf Platte haben und es macht Spaß, es zu spielen.

Wird der Song Opener bei der Tour?

Er ist der Opener auf der Platte, aber als Opener für einen Gig eignet er sich nicht so gut. Ich möchte, dass die Leute bei dem Lied mitsingen. Wenn ich ihn am Anfang bringe, ist das Publikum noch nicht bereit dazu, daher bringen wir den Song gegen Ende des Konzertes.

Mr. Parker, ich nehme auf jeden Fall die Einladung zu der Tour an und bedanke mich für das Interview.

Ja, bitte und ich freue mich, dass du bei einem unserer Konzerte dabei sein wirst.

Das Interview führte Klaus Hardt

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