laut.de-Kritik

Vom Aushängeschild zum Hype-Man.

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Dass Jan Delay auch seinen "Kindern Vom Bahnhof Soul" ein Livealbum folgen lässt, erscheint angesichts des letzten gelungenen Wurfes nur logisch. Nach wie vor handelt es sich bei Hamburgs Chefstyler um ein Bühnenviech, das mit seiner Disko No. 1 eine schier unbezähmbare Macht im Rücken weiß.

Die Leistung letzterer lässt keinen Raum für Kritik. Wie Kool & The Gang in ihren freshesten Zeiten groovt diese Combo einfach alles über den Haufen. Bläser, Keyboards und Wah-Wah-Gitarre wetteifern, angefeuert von Percussion und staubtrockenen Drums, mit dem Bass um den Preis für Funkyness.

Berückend hinterlassen die - passend als 'Delaydies' titulierten - Background-Sängerinnen ihre zuckersüßen "Uuuhs" stets punktgenau am rechten Platz.

Ob treibend wie beim "Abschussball" oder getragener wabernd ("Ein Leben Lang"), ob einmal vom Rhythmus durchgerüttelt ("Kommando Bauchladen") oder von Melancholie durchzogen, wie die Abschlussnummer, die, obwohl an all die Traurigen adressiert, nicht ohne einen Schimmer "Hoffnung" daher kommt: Den richtigen Ton treffen diese Musiker ein ums andere Mal.

Was vor nicht allzu langer Zeit mit "Word Up" gelang, dieses Schicksal ereilt nun wahlweise Deichkinds "Remmidemmi", Missy Elliotts "Get Ur Freak On", die Erkennungsmelodie des A-Teams oder den 90er-Stampfer "Pump Up The Jam": Selbst aus diesem Eurodance-Krampf destilliert man im Hause Disko No. 1 Funk in Reinform, der sich dann in den eigenen Nummern bestens verwerten lässt. Für eine "Überdosis Fremdscham" besteht wahrlich kein Anlass.

Warum kickt diese Liveaufnahme all diesen Perlen zum Trotz trotzdem nicht annähernd so wie die letzte? Es liegt leider am offenbar mittlerweile allzu erfolgsverwöhnten Frontmann. Klar, er hat Routine. Klar, er führt möglicherweise tatsächlich "die beste Rhythmusgruppe des Universums" im Gepäck. Viel zu befürchten hat man in seiner Situation nicht.

Trotzdem: Herr Eißfeldt hätte sich ruhig ein bisschen Mühe geben können. Er hätte seine meist gar nicht so dummen, keineswegs uninteressanten Texte keineswegs gar so übel verschludern, wenn nicht gleich bis zur Unkenntlichkeit vernuscheln müssen.

So verkommt er von ihrem Aushängeschild zum Hype-Man einer tollen Band - die einen solchen nicht einen Augenblick lang nötig hätte. "Niemand ist funky wie wir": Wer dies nicht auch ohne Ansage rafft, hat ohnehin mindestens Teer in den Ohren.

Trackliste

  1. 1. Rave Against The Machine
  2. 2. Showgeschäft
  3. 3. Large
  4. 4. Überdosis Fremdscham
  5. 5. Abschussball
  6. 6. Ein Leben Lang
  7. 7. Kommando Bauchladen
  8. 8. Disko
  9. 9. Oh Jonny
  10. 10. Klar
  11. 11. Pump Up Medley
  12. 12. Hoffnung

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22 Kommentare

  • Vor 13 Jahren

    Meine Güte, was für sinnloser Mist in Hip-Hop-Kreisen in die angeblichen Absichten der heißgeliebten Künstler interpretiert wird. Ja, Jan Delay liebt seine Musik so sehr. Mir kommen gleich die Tränen. Und wer was anderes behauptet, ist ein Sonderschüler und hat eh keinen Plan.

    Jan Delay ist ungefähr so echt wie die Brüste von Megan Fox. Und bloß weil er in seiner feschen Designermode immer wieder betont, wie sehr "Hamburg" und "Straße" er doch sei, macht ihn das noch lange nicht zum supertalentierten Top-Act.
    Die Beginner waren noch ganz klasse, aber mittlerweile macht er Mucke für Theologiestudentinnen und BWLer, die nicht den geringsen Peil von Funk - geschweige denn echter Musik haben. Aber meine Meinung ist ja eh fürn Arsch.

  • Vor 13 Jahren

    @Ragism,
    der letzte Satz gefällt mir. der Rest ist für'n Arsch.

  • Vor 13 Jahren

    Megan Fox hat falsche Titten????