laut.de-Kritik

Der Brite bleibt einer der ideenreichsten Songwriter seiner Generation.

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Die Befürchtung, Jamie T. könnte nach seinem dritten Album "Carry On The Grudge" von 2014 erneut fünf Jahre pausieren, zerschlug er bereits letztes Jahr mit der "Magnolia Melancholia"-EP. Darauf packte Jamie Treays neben "Don't You Find" mal eben fünf neue Songs. Keine Ausschussware, sondern nur Belege, dass der Londoner auf dem besten Weg zur Höchstform ist.

Jamie Treays stürzt sich auch auf "Trick" wieder in einen wilden Stilmix, der seine Alben Anfang des Jahrtausends, aber auch das gesetztere "Carry On The Grudge" auszeichnete. Kaum jemand wechselt so lässig wie er von 90er Retro-Britpop ("Tescoland") auf bedrohliche Bässe und finsteren Rap ("Police Tapes") innerhalb von zwei Songs, bringt melancholische Songwriter-Reflexionen ("Self Esteem") neben unbeschwerten, überschwänglichen Indie-Hits ("Robin Hood") unter. Jamie T. bleibt Herr in diesem vermeintlichen Chaos. Und er scheint für sich eine Mitte gefunden zu haben: Als Erzähler, unausweichlich beeinflusst von seiner Zeit, zwischen einem Leben zelebrierenden Typen, der stets für ein Pint zu haben ist und einem ernsten, pessimistischen Zweifler.

Im roughen Auftakt über einen Drogenabstieg, einer krachenden Rage Against The Machine-Verbeugung namens "Tinfoil Boy", wirkt die Welt dem Untergang geweiht, zumal "Drone Strike" folgt, in dem Beats wie zum Angriff bereit um den Refrain kreisen. Eine weitere seiner desillusionierten Großstadtcharaktere führt er mit "Solomon Eagle" ein.

Wie sein historischer Namensgeber prangert er den augenscheinlichen Verfall der Stadt in einer Mischung aus Background-Chören, Spoken Word-Parts und schnodderigem Rap an: "Run through the city full of evil / Streets like the jungle, keep your head down / Keep your hands up when you move around / And God willing, they can all make a killing / I'm on top of this dropping this sipping a sequel / Stun guns and tear gas people / When police line up pulling truncheons out / They beat the mob down to disperse the crowd / And God willing, we can all make a killing."

Obwohl düstere Themen wie Überwachung, Konsumwahn, Polizeigewalt, Kontrollverlust und Enttäuschung immer wieder kehren, schafft Jamie T. Platz für lockere Themen, gibt etwa in "Power Over Men" den von einer Schönheit gebannten Crooner ab. Der moderne "Robin Hood" ähnelt mehr einem der hitzköpfigen Jünglinge aus "Panic Prevention" oder "Kings And Queens" und reißt spätestens mit seinem verschwörerischen Ausruf mit: "And everyone loves a bank robber, robber, robber, robber, robber". Die geradeheraus gerappten Strophen in "Crossfire Love" über Freunde, Feinde, Familie und andere Tragödien brechen mit einem langsam wallenden Refrain in Jamie Ts Nullerjahre-Sprech: "She went wrang ba ba boom a crash bang wallop / And she shut up shop".

Sämtliche Zweifel, die sein Comeback vor zwei Jahren aufgeworfen haben könnte, schüttelt "Trick" mit einem so wahnwitzigen wie kontrollierten Genre-Hopping ab. Von The Clash über Mike Skinner bis zur letzten Arctic Monkeys-Platte bedient er sich entspannt der Musikgeschichte seines Landes. Den Rauf- und Saufgeschichten seiner Londoner Jugend ist Jamie T. entwachsen. Er reißt jetzt auf angenehm unbelehrende Weise gesellschaftliche Themen an und diskutiert seine Identität aus. In diesen Stoffen steckt genauso viel Leben wie früher, zumal er selten ganz ohne ein bisschen trotzige Freude auskommt. Jamie T. bleibt einer der ideenreichsten Songwriter seiner Generation.

Trackliste

  1. 1. Tinfoil Boy
  2. 2. Drone Strike
  3. 3. Power Over Men
  4. 4. Tescoland
  5. 5. Police Tapes
  6. 6. Dragon Bones
  7. 7. Joan Of Arc
  8. 8. Solomon Eagle
  9. 9. Robin Hood
  10. 10. Sign Of The Times
  11. 11. Crossfire Love
  12. 12. Self Esteem

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