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Jalil

Raider heißt schon seit einiger Zeit Twix. Geändert hat sich nix. Reason heißt auch nicht mehr erst seit gestern Jalil. Geändert hat sich eine ganze Menge.

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Mitte der Nullerjahre startet in Berlin eine ganz normale Rap-Karriere. Unter dem Namen Reason macht sich ein Knabe einen solchen, den die in Business fast schon übliche traurige Vergangenheit umtreibt.

Der Vater verlässt die Familie früh. Stabile Beziehungen zu Bezugspersonen: Fehlanzeige. Diskriminierende Erlebnisse frustrieren zusätzlich. Hin zu den Drogen, hinein in die Kriminalität: nur ein kleiner Schritt.

Das Mikrofon erscheint da wie der rettende Strohhalm. Reason rappt sich seinen Frust von der Seele. Mit "Strassenpolitik" entsendet er 2008 ein erstes Lebenszeichen in die Weiten des Internets. Bald steht er an der Seite Flers und kommt auf dessen Label Maskulin unter.

Mit seiner überaus direkten Art handelt sich Reason allerlei Händel mit Kollegen ein. So fliegen zum Beispiel zwischen ihm und Bass Sultan Hengzt heftig die Fetzen. Doch Streit gehört dazu, im Battle-Zirkus.

"Weisse Jungs Bringen's Nicht": Fler hat die Idee für den Titel von Reasons Mixtape. Ob es nun an den verwendeten Ami-Beats oder am provokanten Namen liegt, an dem sich kein Label die Finger verbrennen will: Man weiß es nicht. Jedenfalls findet sich keine Plattenfirma, die sich der Aufnahme annehmen will.

Reason veröffentlicht sein Werk 2010 auf eigene Faust zum Free-Download und erklärt, er wolle sich nun voll in die Arbeit an seinem ersten Album stürzen.

Doch irgendetwas muss dazwischen gekommen sein: Wenige Monate später gibt Reason Knall auf Fall per Facebookposting seinen Ausstieg aus dem Musikgeschäft bekannt:

"Ich hab' mich entschieden, die Musik an den Nagel zu hängen", heißt es da, adressiert an "Fans, Friends und Hater". "Ich hab' im letzten Jahr gemerkt, dass es mir mehr Stress bringt als alles andere! Zudem passieren bei mir privat viele Dinge, die mich davon abhalten."

Der Rückzug soll nicht von Dauer sein. Schon 2011 steht Reason wieder auf der Matte: ein Verdienst B-Lashs, der den Kollegen wiederholt bekniet. Allerdings weht dem Rückkehrer gleich wieder ein eisiger Wind um die Nase.

Für den Namen "Reason" besteht, wie sich herausstellt, europaweit ein Markenschutz. Ein Album unter diesem Alias zu veröffentlichen: für Reason demnach unmöglich.

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"Klar bist du sauer, wenn du dir sechs Jahre lang einen Namen aufgebaut hast", ärgert er sich im Interview mit Bravo TV. "Ich habe mich dann entschieden, meinen richtigen Namen zu verwenden."

Der Asche von Reason entsteigt der Phönix Jalil, was nicht umsonst "der Ehrenhafte" bedeutet: "Ich möchte ein Vorbild für die Jugend sein", so Jalil. "Ich habe selber viel Scheiße gebaut und will davor warnen, dass andere dieselben Fehler machen."

Von Fler und seinem Label trennt sich Jalil bald, "verschiedene Ansichten von verschiedenen Dingen", beschreibt er den Split zurückhaltend. "Es ist kein böses Blut zwischen uns. Aber ich habe einfach in die Mentalität von Südberlin Maskulin nicht reingepasst."

Nicht mehr, muss man wohl sagen: Finanzielle Not, Obdachlosigkeit, die Krankheit seiner Mutter: All das hinterlässt Spuren bei Jalil, ebenso natürlich auch der Umstand, dass er Vater eines Sohnes wird.

Jalil kommt bei D-Bos Wolfpack Entertainment unter und legt Anfang 2012 seine erste EP mit dem beredten Titel "Sinneswandel" vor. Der harte Straßenrap von einst weicht schonungsloser Offenheit.

"Mein alter Lebensstil war einfach schlecht und falsch", spricht der gereifte Jalil. "Viele Dinge habe ich nur aus Verzweiflung getan. Ich bin heute lieber ein Vorbild als jemand, der die Jugend auch noch dazu animiert, zu klauen oder sonstige Straftaten zu begehen."

Was ihn trotzdem nicht davon abhält, in Flers Obhut zurückzukehren: Nachdem er mit seinem Album "Radikal" 2014 eine kurze Liaison mit Onemillion Berlin einging, prangt auf seinem ein Jahr darauf erscheinendem Werk wieder das Maskulin-Logo. Das Kollaboprojekt Südberlin Maskulin feiert 2017 seinen dritten Frühling.

Damit haben sich nicht nur die "verschiedenen Ansichten von verschiedenen Dingen" in Luft aufgelöst, die Jalil und Fler einst entzweit haben, sondern auch die Aussage des letzteren, er betrachte Maskulin künftig nur noch als Modelabel. Nur eine Sache bleibt gewiss: "Das Leben hat Kein Air System". Deswegen kann sich alles ändern, jederzeit.

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