laut.de-Kritik

Rick Rubin produziert das Solodebüt des Wallflower-Sängers.

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Der Chef der Wallflowers bekennt sich schließlich doch noch zu seinem Familiennamen. Zwanzig Jahre hat es gedauert, bis er sich aus dem Bandgefüge gelöst hat, um ein Album mit Akustikgitarre aufzunehmen. Das ist die erste scheinbare Parallele zu seinem Vater Bob. Die zweite ist, dass beide nun beim selben Label unter Vertrag sind. Dessen neuer Chef lautet seit kurzem auf den Namen Rick Rubin und hat sich auch gleich um Dylan Junior gekümmert.

Doch damit sind die familiären Gemeinsamkeiten bereits beendet. Im Opener erklingt eine unaufgeregte, hohe, angeraute Stimme. Die Begleitung aus Bass und einer zweiten Akustikgitarre hält sich so dezent zurück, dass sie kaum wahrzunehmen ist. Lässt der Titel ("Das Böse lebt und es geht ihm gut") eine Abrechnung mit US-Politikern oder islamistischen Terroristen vermuten, entpuppt sich der Text als eher philosophisch.

Bereits mit dem ersten Stück breitet sich eine entspannte, leicht melancholische Stimmung aus, die das gesamte Album prägt. Die Lieder setzen sich nicht unbedingt im Kopf fest, bieten aber nette Melodien und Arrangements ohne Kanten. Immer wieder sind Parallelen zu Tom Pettys 94er-Album "Wildflowers" zu erkennen, bei dem ebenfalls Rubin Regie führte. Damals wie heute sah der berühmte Produzent seine Aufgabe weniger darin, Bombast zu kreieren. Es ging ihm eher darum, das Gerüst von unnötigem Ballast zu befreien. Im Mittelpunkt des Albums steht also die Stimme, mehr noch, das Wesen Jakob Dylans.

Dieses offenbart einerseits politische Bitterkeit ("We bow down and worship these bandits and cowboys / Unable to hold their own guns", "Valley Of The Low Sun") und setzt sich andererseits mit arbeitenden Menschen auseinander ("I been working double shift all night / … / Good men are busy all the time", "All Day And All Night"). Doch es besteht auch Hoffnung, wie "Something Good This Way Comes" zeigt. Die Texte drängen sich nicht auf. Die Platte plätschert derart gemütlich vor sich hin, dass ein Schlagzeug erst in Track drei zum Einsatz kommt.

Das Album sprüht nicht gerade Lebensfreude aus, ist aber auch nicht depressiv. Eher nachdenklich, ohne belehren zu wollen. "Seeing Things" stellt Jakob Dylan so dar, wie er ist: nackt, aber nicht verletzlich. Endlich hat er den Mut gefunden, seinen Nachnamen zu verwenden, ohne Vergleiche zu scheuen. Die so auch keinen Sinn ergeben: Mit knappen vierzig hat er sich musikalisch wie inhaltlich ganz anders entwickelt als sein Vater. Weshalb es ihm zusteht, als eigenständiger Künstler wahrgenommen zu werden.

Trackliste

  1. 1. Evil Is Alive And Well
  2. 2. Valley Of The Low Sun
  3. 3. All Day And All Night
  4. 4. Everybody Pays As They Go
  5. 5. Will It Grow
  6. 6. I Told You I Couldn't Stop
  7. 7. War Is Kind
  8. 8. Something Good This Way Comes
  9. 9. On Up The Mountain
  10. 10. This End Of The Telescope

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