laut.de-Kritik

Funkflavour, Soulschmelz und Jazzimprovisationen.

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Tzze tzze tzze tzze. Das soll ein Schlagzeuggeräusch sein. Und zwar jenes, welches auf die Offbeats gehört und seit den Siebzigern immer wieder unbeirrt und unmissverständlich für pulsierende Hüften auf den Tanzflächen sorgt. Earth Wind & Fire haben es benutzt, Jamiroquai hat es benutzt, Jünger des Funk benutzen es einfach.

Unumgänglich, dass es auch auf der neuesten Scheibe von Incognitos Produzenten Jean-Paul "Bluey" Maunick rumzickt. Bluey, die Koryphäe in Sachen Dancefloorfunk-Souljazz-Pop-Produktion, der über das letzte Vierteljahrhundert vor allem mit Incognito durchweg Mörderproduktionen gebar. Überrascht mich "Who Needs Love"? Äh... gar nicht eigentlich, aber ist das jetzt gut oder schlecht?

Der Opener ist der erste Garant, um mit dem Discofunk-Zeigefinger durch die Luft zu wirbeln, die fiese schwarze Telefonsexstimme Ed Mottas, die den gesamten Bläserpart lautmalerisch mit-mumbelt, treibt einem leichtes Grinsen auf die Backen. Schnell wird klar: Ultra-Checker-Schlagzeug ist wie immer Standard, der Bassist ist eine gottbegnadete Frickelsau und mit hingebungsvoller Liebe betreibt "Who Needs Love" eine komplette Missachtung simpler Songstrukturen, herrlich.

Wär ja auch sonst viel zu einfach für Bluey, der exzessiv an jedem kleinsten Fitzelchen der Scheibe bis zur Perfektion geschraubt hat. Man hört es an den Bläser-, Vocal- und Streicherarrangements, an den fetten und doch filigranen Besetzungen, am alles durchziehenden typischen, fast kristallinen Incognito-Sound, an dem man nichts aussetzen kann - außer vielleicht, dass er zu perfekt ist.

Stilistisch verbraten Incognito durchgängig abwechslungsreich Funkflavour und Jazzimprovisationen, selbst wenn "Mornin Sun" doch sehr eindeutig darauf hin schielt, vielleicht in irgendwelchen House-Schuppen gespielt zu werden. Blueys Händchen für Besetzungen ist wie immer unerschütterlich, wenn auch die Namen der wechselnden Sänger keine Sau kennt. Dass jedoch hier wahre Superschmelz-Soulqueens vor den Mikros sitzen, beweist beispielsweise Joy Rose in der 'Rhodes ist obligatorisch'-Ballade "Did We Ever Really Try".

Auch im Sonnenschein-Jazzbossa "Stone Cold Heart" fließt eine weitere wundervolle Frauenstimme, galant ins Arrangement eingeschmolzen. Über die Strophen des zuckenden, tuckernden "Cada Dia" scheint Godfather of Soul-Soungwriting Stevie Wonder seine gesegneten Schwingen ausgebreitet zu haben, Mr. Wonderful Tony Momrelle am Gesang und die wirklich verblüffend ähnliche Harmonik schreien unablässig seinen Namen.

Leicht abseits der "gewöhnlichen" Charts schwimmend durchweg hochkarätige Qualität verbreiten, das sind Incognito. Und im Grunde können die Charts Bluey auch völlig Schwanz sein, denn er besitzt schließlich bereits seine auserlesene Schar musikalisch versierter Fans, die seine Werke berechtigter Weise preisen. Und jenen will ich hiermit Folgendes mitteilen: Kauft diese Scheibe, Incognito sind so brillant wie eh und je. War auch nicht anders zu erwarten. Ob das gut ist? Ich denke schon.

Trackliste

  1. 1. Who Needs Love
  2. 2. Can't Get You Out Of My Head
  3. 3. People At The Top
  4. 4. Mornin Sun
  5. 5. Stone Cold Heart
  6. 6. Cada Dia (Day By Day)
  7. 7. If You Want My Love
  8. 8. Don't Be A Fool
  9. 9. Byrd Plays
  10. 10. Where Love Shines
  11. 11. Did We Really Ever Try
  12. 12. Blue (I'm Still Here With You)
  13. 13. Fly

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