laut.de-Kritik

Mehr Blech als Gold am Rhein.

Review von

Fünf Live-Alben in zehn Jahren! Diesen Werken stehen lediglich acht Studioscheiben gegenüber - da fragt man sich, was das eigentlich soll. Gerade ein halbes Jahr liegt der vorzügliche Gig "Sängerkrieg Akustik Radio Show" zurück. Nun also noch schnell die elektrische Variante der Tour nachgeschoben. Erlaubt ist schließlich, was gefällt. Aber genau hier liegt der Haken.

Schon der Titel "Am Goldenen Rhein" löst bei mir ein Déjà Vu aus, das ich während des ganzen Köln-Konzerts nicht mehr los bekomme. Anno 2006 war es noch ein Berlin-Gig und hieß als DVD "Raue Spree". Sicherlich kann man die Namensgebung noch als gelungenen Running Gag bewerten. Aber spätestens die musikalische Austauschbarkeit beider Werke raubt hier einen Großteil des Vergnügens.

Nicht weniger als zehn Lieder stimmen in der Tracklist beider Tonträger überein. Die ganzen Klopper à la "Ave Maria" und Co. bereiten die Spielmänner hier jetzt zum gefühlt 100. Mal erneut auf. Noch nicht einmal die Instrumentierung oder das Arrangement haben sie ansatzweise geändert. Das ist weitgehend ganz alter Wein in neuen Schläuchen, der nur Langeweile verströmt.

Zweiter Schwachpunkt der DVD ist der Gesang von Michael Robert "Das Letzte Einhorn" Rhein. Wie ein Stoßen in das allerletzte Horn klingt die stimmliche Leistung. Grundsätzlich hat der Frontmann ja eine interessante Charakterstimme. Auf dem ruhigen Akustikwerk hat er sie auch noch sehr zurückgenommen und songdienlich eingesetzt.

Zurückhaltung ist bei dem krachenden Gewitter mit Metalgitarren und Sackpfeifen natürlich nicht angesagt. Das Desaster ist hier also vorprogrammiert. Rhythmisches Sprechen geht noch. Sobald Rhein jedoch anfängt, melodisch zu singen oder gar zu brüllen, bricht die Stimme krächzend weg.

"Vollmond" und "Poc Vecem" klingen inzwischen eher wie eine unfreiwillige Extremo-Satire. Mehr Blech als Gold am Rhein! Gern und zu oft flüchtet der Sänger sich in Mitsingrituale des absolut textfesten Publikums. Da kann er komplette schwierige Melodiepassagen an die Crowd abgeben und erspart sich und uns das totale Waterloo.

Einen unschlagbaren Vorteil hat der sympathische Shouter dennoch immer auf seiner Seite. Er bringt seine ganze Persönlichkeit und das einnehmende Charisma auf die Bühne. Wie ein Dompteur kennt er seine schaulustige Fanschar in- und auswendig. Er kann nach Belieben - trotz der genannten Schwächen - jeden Auftritt zur totalen Party hochkochen oder zur andächtigen Messe herunterfahren.

Und natürlich kann Rhein sich - wie immer - auf seine Mannschaft verlassen, die so manche Scharte ausbügelt. Ebenso ästhetisch wie geschickt eingestreute Schalmeien, Sackpfeifen, Drehleiern etc. geben dem mitunter recht grobschlächtigem Durchschnittshardrock das entscheidende Quäntchen Charme. Die überdurchschnittliche Kameraführung und Schnitttechnik steigern dies noch. Am Ende ist "Am Goldenen Rhein" insgesamt weder ein totales Ärgernis noch ein Grund zum Feiern.

Trackliste

  1. 1. Des Sängers Einzug
  2. 2. Sieben Köche
  3. 3. Frei Zu Sein
  4. 4. Liam
  5. 5. Hiemali Tempore
  6. 6. Sängerkrieg
  7. 7. Nymphenzeit
  8. 8. Ave Maria
  9. 9. Spielmannsfluch
  10. 10. Poc Vecem
  11. 11. Vollmond
  12. 12. En Esta Noche
  13. 13. Ai Vis Lo Lop
  14. 14. Zauberspruch
  15. 15. In Diesem Licht
  16. 16. Flaschenpost
  17. 17. Mein Rasend Herz
  18. 18. Mein Sehnen
  19. 19. Omnia Sol Temperat
  20. 20. Aufs Leben
  21. 21. Küss Mich
  22. 22. Krummavisur / Wind

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