23. Februar 2001

"Wir trinken jedes Bier, egal woher es kommt"

Interview geführt von

Ihre Hymnen sind interessierten Hörern bekannt. Von "The Hymn For The Cigarettes", über "Sweetness Lies Within" bis zur aktuellen Hit-Single "Good Fruit" fesselten die vier Briten ihr Publikum und forderten zum Tanz auf. Eine geniale Mischung aus Soul, Folk, Country und Pop.

Die unverkennbare Stimme und schmetternde Gitarrensolis von Sänger und Frontmann Darren Hayman. Der smarte Antony Harding an den Drums. Die überaus ansehnliche Performance des Bassisten John Morrison (wow, was für ein Hüftschwung). Und nicht zuletzt die amüsanten Showeinlagen von Bühnen-Neuzugang Jack Hayter. Ein absoluter Hochgenuss diese Musiker auf der Bühne live zu erleben! Immer für eine Überraschung zu haben. Seien es kurze HipHop Einlagen des Pöbelrappers Eminem "I'm Slim Shady cause I'm the real Shady... Please stand up, please stand up...! oder choreographische Höchstleistungen zum Anti-Thatcher-Song "The Sad Witch".

Die Stimmung, die Darren, Andy, John und Jack im Konzertsaal verbreiteten ist beinahe unschlagbar. Das kann eigentlich nur noch ein Robbie Williams toppen.
Aber nicht nur auf der Bühne verbreiten Hefner gute Laune. Ich traf Darren und Jack vor dem Konzert zum Interview. Beide sehr gut gelaunt, geduldig und einfach nur großartig.


LAUT: Lasst uns über euer aktuelles Album reden. "We Love The City" war in den britischen Independent Album-Charts auf Platz eins. Und die Single "Good Fruit" in den Top 50.

Darren: Ja, das stimmt. Ich glaube die Single war sogar auf Platz 15.

LAUT: Fühlt ihr euch immer noch als eine Independent-Undergroundband?

Darren: Ja, auf jeden Fall (Gelächter). Weißt du, es bedeutet eigentlich gar nichts auf Platz eins in den britischen Independet Album-Charts zu sein. Das heißt auch nicht, dass wir jede Menge Platten verkaufen.

LAUT: Denkt ihr, dass die Gitarre vom Aussterben bedroht ist?

Darren: Ja, ich hoffe es...

Laut: Wirklich, du hoffst es? Stimmt, ich erinnere mich. Du hast kürzlich gesagt, dass dir Gitarren auf die Nerven gehen.

Darren: Ich spiele sehr gerne Gitarre und das ist wahrscheinlich der Grund, dass ich darin so gut bin (lacht lauthals).

Jack: Wir haben natürlich nichts gegen Gitarren. Wir spielen sie ja schließlich auf unseren Alben.

Darren: ... und heute Abend auf der Bühne (lacht wieder). Aber wir werden in Zukunft auch mehr im elektronischen Bereich experimentieren. Wir werden nicht plötzlich etwas völlig anderes machen. Schließlich lieben unsere Fans unsere Musik wie sie ist. Hefner wird immer Hefner bleiben: die gleiche Stimme. Der gleiche Stil. Wir werden jetzt nicht anfangen, Drum'n Bass zu machen (Gelächter). Wir bleiben uns und unseren Fans treu.

LAUT: "We Love The City" beschreibt auch deine Hassliebe zu deiner Heimatstadt London. Darren, inspiriert dich diese Stadt?

Darren: "Ja, die Stadt inspiriert mich und treibt mich dazu hart zu arbeiten. Mehr muss ich eigentlich nicht dazu sagen ... London ist eine Stadt, in der ein großer Konkurrenzkampf herrscht. Positiv daran ist, dass ich dadurch gezwungen bin, alles zu geben. Eigentlich liegt das nicht an London, sondern an den Menschen, die dort leben.

LAUT: Könntest du dir trotzdem einen anderen Ort auf der Welt vorstellen, wo du gerne leben würdest?

Darren: Eigentlich nicht, allerdings habe ich in letzter Zeit schon mal darüber nachgedacht, wegzuziehen. Eventuell nach New York, obwohl es selbst mir dort vielleicht zu hektisch wäre.

(Darren rutscht nervös auf seinem Stuhl und sucht sein Bier. Er hat es gefunden. Mit großer Freude hält er es an den Mund)

LAUT: Magst du deutsches Bier?

Darren: Ich trinke jedes Bier, egal woher es kommt. Vor allem mag ich das belgische Bier.

Jack: In London gibt es das "Beerodrome". Die haben über 100 verschiedene belgische Biersorten auf ihrer Getränkekarte.

LAUT: Freut ihr euch heute Abend auf die Show?

Darren: Ja, auf jeden Fall. Wir sind zur Zeit ziemlich gut drauf. Aber das soll man ja nicht sagen ...

Jack: ... stimmt, wir sind zur Zeit ziemlich schlecht auf der Bühne ... (lacht)

LAUT: Mögt ihr das deutsche Publikum?

Darren: Äh, tja, nein! (lacht). Doch doch, natürlich mag ich es. In jedem Land ist das Publikum anders drauf und reagiert anders auf deine Show. Nur wenn sie sich langweilen, sind sie alle gleich.

LAUT: Wie oft wart ihr schon in Köln?

Darren: Oh, schon öfter. Wir spielten zwei Mal auf der Popkomm. Dann letztes Jahr mit den Violent Femmes und Billy Bragg. Wir sind heute zum fünften Mal in Köln und die Stadt gefällt uns ganz gut.

LAUT: Kennt ihr deutsche Bands?

Darren: Ja. Mouse On Mars, Kreidler, ... sind das überhaupt Deutsche? Ich weiß nicht genau ... und Wunder.

LAUT: Wunder? Wow, das ist ein Kölner Projekt.

Darren: Ja genau. Ich habe Wunder mal eine Platte von Hefner geschickt, mit der Bitte, sie doch vielleicht zu remixen. Aber leider habe ich keine Antwort bekommen. Schade eigentlich.

LAUT: Zufällig kenne ich die Leute von Wunder, zumindest habe ich Beziehungen zu ihnen. Ich werde sie auf jeden Fall darauf ansprechen.

Jack: Oh ja, das wäre super. Wir lieben ihre Musik. Sie machen wirklich gute Songs.

LAUT: Könnt ihr mir eure persönliche Top Fünf eurer liebsten Bands aufzählen, abgesehen natürlich von den Beach Boys?

Darren: Wieso die Beach Boys ausgeschlossen?

LAUT: Weil ich weiß, dass du sie sehr verehrst.

Darren: Alles klar. Sonst hätte ich nämlich jetzt fünf mal die Beach Boys genannt (lacht). O.K. Meine Top Fünf. Als erstes auf jeden Fall Mouse on Mars. Meine Nummer zwei wäre dann zur Zeit der Wu-Tang Clan und die Nummer drei Fleetwood Mac, aber nur die frühen Sachen. So, das sind meine drei. Jetzt bist du dran Jack ...

Jack: Oh, das sind sehr alte englische Bands aus den 60ern. Die sagen dir wahrscheinlich eh nichts. (Da hat Jack recht. Die haben mir wirklich nichts gesagt. Sorry, habe die Bandnamen auch nicht mehr verstanden. "Slut Enchanted", oder so ähnlich? Peinlich! Anm. der Red.)

LAUT: Viele Leute sagen, dass "Smiley Smile" von den Beach Boys das beste Album sei. Andere wiederum finden "Pet Sounds" unübertrefflich. Welches ist dein liebstes Beach Boy Album?

Darren: "Holland" ist mein liebstes Beach Boys Album. Das würde ich am Anfang meiner Top-Liste stellen. Und das Vorgänger Album von "Smiley Smile". Das heißt einfach "Smile" ... die Platten müsst ihr unbedingt kaufen!

LAUT: Habt ihr noch Zeit, auf Konzerte zu gehen?

Darren: Puh, zur Zeit eher nicht. Einerseits sind wir selber oft auf Tour. Andererseits macht es nicht mehr so viel Spaß. Wenn ich zum Beispiel in London auf ein Konzert gehe, bin ich, eh ich mich versehe, in ein Gespräche mit Leuten von Plattenfirmen verwickelt. Man redet nur über Hefner. Und das dann geschäftlich und nicht so entspannt. Ich sollte allerdings wieder mehr Konzerte besuchen. Neulich fielen mir nicht einmal Supportbands für unsere eigenen Konzerte ein.

Jack: Ja es stimmt schon, was Darren sagt, und es ist wichtig, nicht den Anschluss zu verlieren.

Darren: Wen ich mir gerne live ansehen würde, ist Eminem. Ich mag sein Album.

LAUT: Was für eine Platte habt ihr euch zuletzt gekauft?

Darren: Eine von Kraftwerk. Ich komme nicht auf den Namen. Die Leute auf dem Cover sehen aus wie aus den 20er Jahren. Das Album mit "Showroom Dummies". Ich habe sie vor ein paar Tagen in Saragossa in Spanien gekauft. (hierbei handelt es sich um das 1977 erschienene Album "Trans Europa Express". Anm. d. Red.)

Jack: Richtig wäre die Frage, welche ich mir zuletzt geklaut habe. Ich klaue Platten nämlich nur und das letzte war eine Box mit verschiedenen Ska-Platten vom "Treasure Label". Die wurde mir nämlich geklaut!

Darren: Die hätte er mal lieber für mich stehlen sollen.

LAUT: Woher kommt eigentlich der Name Hefner? Habt ihr euch vielleicht nach dem Herausgeber von Playboy benannt?

Darren: Hefner waren ursprünglich ich und noch zwei andere Leute , die jetzt aber nicht mehr dabei sind. Wir wollten eigentlich einen Namen, auf dem wir uns alle drei einigen konnten, aber irgendwie blieben wir bei Hefner hängen. Ich finde, das ist kein guter Name für eine Band. Aber es blieb dabei. Ich konnte ihn mir genau so wenig aussuchen, wie du dir deinen Namen.

LAUT: Wie waren die Sessions bei John Peel?

Darren: Es ist immer wieder ein Highlight und es macht wahnsinnig viel Spaß. Für mich ist es das Größte und das Beste, was einer Band passieren kann! Es ist egal wohin du fährst, in welchem Land du bist. Wenn du in Frankreich bist wird dir ein DJ vorgestellt, als "der französische John Peel"! Kann ja sein, dass sie das sind, aber ich denke, John Peel ist einfach einzigartig! Er prägt schon seit Generationen den Begriff "Independent" in seiner Radioshow. Egal was auf dem allgemeinen Musikmarkt passiert, John Peel spielt die wahren Undergroundbands.

Jack: Es hilft zwar nicht, mehr Platten zu verkaufen, aber es ist die größte Auszeichnung, bei einer Session dabei zu sein. Noch besser wäre es natürlich, wenn er unsere Platten spielen würde und wir einer seiner Favoriten wären.

LAUT: Was denkt ihr würdet ihr heute machen, wenn ihr keine Popstars wäret?

Jack: (kicher) Popstars?

Darren: (kicher) Du solltest eher fragen, was wir wohl tun würden, wenn wir Popstars wären! Ähm Tja, hüstel. Ich denke, ich würde was in Richtung Kunst machen. Zeichnen, Illustrationen, so, wie man sie ja schon von unseren Covern kennt. Ich habe ja mal einige Semester Kunst studiert. Aber wenn es etwas gibt, was noch bekloppter ist, als die Musikindustrie, falls das überhaupt möglich ist, dann ist es der Kunstbetrieb. Deswegen habe ich mich für was Solideres und Bodenständigeres entschieden, also die Musik.

Jack: Ich würde wahrscheinlich als Gärtner arbeiten, wie ich das schon früher gemacht habe. Und auch noch jetzt nebenbei.

Darren: Wie du siehst, stehen wir mit beiden Beinen auf dem Boden.

Jack: Beziehungsweise im Boden... (lacht)

LAUT: Es gibt da auf dem ersten Album "Breaking God's Heart" diesen Song "The Librarian". Darren, was hat es damit auf sich?

Darren: Ich schlaf mit einer Bibliothekarin. Jede Nacht. Sie ist meine Freundin.

LAUT: Wie kam es zu der Zusammenarbeit mit Amelia Fletcher, der Sängerin der "Marine Research", die beim Duett "Hold Me Closer" und bei "Good Fruit" auf "We Love the City" mit singt?

Darren: Amelia Thatcher? Bitte, lass uns nicht über Thatcher reden (lacht höhnisch)

Laut: Nein, nein, ich meine Amelia FLETCHER. Sorry, liegt wohl an meinem Akzent.

Darren: Ja ist schon klar. Ich habe Amelia einfach gefragt und mittlerweile sind wir gut befreundet und ich würde gerne mehr Stücke mit ihr aufnehmen.

LAUT: Ist sie heute Abend auch dabei?

Jack: Nein, sie ist heute abend nicht dabei. Sie ist ständig unterwegs und arbeitet sehr hart.

LAUT: Was haltet ihr von "Girl Groups"?

Darren: Should never be allowed! (ha ha ha). Nein, ich mag Bands, wie zum Beispiel "The Honeys", nicht zu verwechseln mit der R&B Band aus den USA. Außerdem "The Roachers" und die Bangles waren auch nicht schlecht.

LAUT: Habt ihr ein persönliches Hefner Lieblingsstück?

Darren: Oh ich habe einen bevorzugten Song, den wir heute Abend als drittes Stück im Set spielen werden. "Don't Go". Das ist auf dem aktuellen Album.

Jack: Mir persönlich gefällt "The Greedy Ugly People" vom neuen Album ganz gut.

Damit war die Zeit dann auch schon leider abgelaufen. Wir verabschieden uns und ich bedanke mich ganz herzlich für das Gespräch. Darren und Jack bedanken sich für das Interesse und wünschen uns viel Spass beim Konzert. Ein letzter Lacher über mein abschließendes "You're welcome" und die beiden verschwinden im Backstagebereich. Noch ein paar Zigaretten und ein Drink. Und dann kann das großartige Liveerlebnis von Hefner beginnen: Sex, Soul Sadness and Shit Men. We Love The City! We Love Hefner!
Und nicht vergessen: Kauft mehr Hefner Platten!

Weiterlesen

LAUT.DE-PORTRÄT Hefner

Hefner hat nichts mit dem gleichnamigen Gründer des Sexmagazins "Playboy" zu tun. Trotzdem, Sex haben Hefner auf alle Fälle, denn die Songs beschäftigen …

Noch keine Kommentare