laut.de-Kritik

Die hektischen Beats verpuffen in wirren Electro-Spielereien.

Review von

Während die meisten Musikschaffenden während einer zweimonatigen Tour wohl eher damit beschäftigt sind, auf die individuellste Art und Weise ihren Akku auf Betriebstemperatur zu halten, um den Reisestrapazen, Presse-Terminen, Soundchecks und allabendlichen Shows gerecht zu werden, produzieren Gorillaz-Mastermind Damon Albarn und sein kongenialer Partner Jamie Hewlett lieber ein komplettes Album.

"The Fall", das neueste Werk der Frickel-Fanatiker, entstand innerhalb von 32 Tagen während ihrer letztjährigen US-Tour. 15 Tracks, aufgenommen in gut einem Dutzend verschiedener Städte. Wow, wie kreativ inspirierend, wird vielerorts der Tenor gewesen sein, nachdem die Nachricht die Runde machte. Doch die Herren Albarn und Hewlett hat die Situation wohl eher verwirrt.

Anders ist es wohl nicht zu erklären, dass "The Fall" nur noch wenig mit den revolutionären Klangerlebnissen vergangener Gorillaz-Werke gemein hat. Das mag zum Teil auch daran liegen, dass das komplette Album minimalistisch mit dem iPad aufgenommen wurde. Spätestens nach dem zweiten Durchlauf verzweifelt man aber weniger am Mangel des Gorillaz-typischen technischen Firlefanz, sondern vielmehr am sperrigen Songwriting.

"Bobby In Phoenix" und "Revolving Doors" bieten noch am ehesten Grund, den Repeat-Button zu drücken. Zwei Songs, die zwar nicht an die Klasse von "Clint Eastwood" heranreichen, aber dennoch durch die Stimme Albarns, die lediglich hier ihre gesamte Präsenz zum Tragen bringt, einen Hauch von Menschlichkeit erhalten. Also genau das, was neben der im Laufe der "Bandgeschichte" teils überstrapazierten virtuellen Vermarktungsstrategie der Gorillaz den Reiz ausmachte.

Doch zwei gute Songs von insgesamt fünfzehn ist kein sonderlich toller Schnitt. Die beiden genannten Eckpfeiler des Albums bröckeln mit jedem Versuch, rastlosen und abgehackten Electro-Dreiminütern wie "The Joplin Spider", "Shy Town" oder auch dem völlig wirren Rausschmeißer "Seattle Yodel" eine zweite oder gar dritte Hörchance zu geben, so dass am Ende nicht mehr viel übrigbleibt, außer Enttäuschung und Ratlosigkeit.

Konzeptlos und wahllos aneinandergereiht verpufft das Gros an Material in hektischen Beats, verschachteltem Ambient-Sound und wirren Electro-Spielereien. Dass Damon Albarn, Jamie Hewlett und ihre vier virtuellen Comic-Mitstreiter es besser können, ist nicht die Frage. Bleibt zu hoffen, dass die Verantwortlichen an einem derartigen Schnellschuss-Experiment keinen nachhaltigen Geschmack finden.

Trackliste

  1. 1. Phoner To Arizona
  2. 2. Revolving Doors
  3. 3. Hillbilly Man
  4. 4. Detroit
  5. 5. Shy-Town
  6. 6. Little Pink Plastic Bags
  7. 7. The Joplin Spider
  8. 8. The Parish Of Space Dust
  9. 9. The Snake In Dallas
  10. 10. Amarillo
  11. 11. The Speak It Mountains
  12. 12. Aspen Forest
  13. 13. Bobby In Phoenix
  14. 14. California & The Slipping Of The Sun
  15. 15. Seattle Yodel

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26 Kommentare

  • Vor 12 Jahren

    Wtf nur 2 Punkte? Ich find The Fall ist das beste was die Gorillaz bisher gemacht haben. Die Gorillaz fand ich bisher immer dezent langweilg. Durch die Reduktion der Möglichkeiten (Hauptinstrument iPad) und der beinahe völlige Verzicht auf Features ist der Sound angenehm entschlackt worden. Es ist einfach angenehmer Electropop ohne überflüssigen Ballast.

  • Vor 12 Jahren

    Um das mal klarzustellen: Das Album war als frei erhältliches Weihnachtsgeschenk für die Fans gedacht (laut.de berichtete übrigens), dass das jetzt zum Verkauf geboten wird liegt wahrscheinlich wieder an ihrem Label EMI. Klar reichts nicht an die Klasse der ersten drei Alben heran, aber das soll es auch garnicht. Ich fands cool Albarn's Spielereien zu hören, eben weil ich mich darauf eingelassen habe, dass es nichts weiter als Spielereien sind. Wer jetzt hier Plastic Beach 2 erwartet ist fehl am Platz.

    Und HillBilly Man ist gerade wegen seiner Sperrigkeit der Hammer.

  • Vor 12 Jahren

    Zwei ist zu wenig!
    Wer die Gorillaz mag sollte sich von der Review nicht abschrecken lassen...

  • Vor 12 Jahren

    Zwei Sterne sind ein Witz. Das Album ist überragend. Wenn man es sich einige Male angehört hat, kann man gar nicht mehr genug davon bekommen ...

  • Vor 11 Jahren

    Warum wird hier nicht berücksichtigt das dieses Album eigentlich als Geschenk geplant war und nur als Cd veröffentlicht wurde von der Plattenfirma weil Plastic Beach sich nicht wie erhofft verkauft hatt?! und unter diesem Umstand aus musikalischer Sicht ist die Bewertung unangebracht, hier hätte man durch ein bisschen recherche eine vernichtende Kritik gegen Plattenfirmen anbringen können Und 2 bewertungen oder ähnlich einführen sollen

  • Vor 8 Jahren

    2 Sterne sind eine Unverschämtheit! Ich hätte dem Album 4 Sterne geben...Vielleicht nicht so gut, wie die anderen 3 Alben aber trotzdem cool! -w-