29. Januar 2007

Die Gans startet durch

Interview geführt von

In Belgien haben sie es bereits geschafft, in Großbritannien schenkt man ihnen seit dem Herbst erhöhte Aufmerksamkeit. Goose starten durch. Das Quartett aus Kortrijk im belgischen Flandern legt mit "Bring It On" das erste Album des neuen Jahres vor, zu dem man zwanghaft tanzen muss. Warum das so ist, was die Vorbilder Soulwax von ihnen halten, und warum Landebahnen sexy sein können, haben wir mit ihnen im Dezember in Brüssel ergründet.Es ist halb elf Uhr abends am 22. Dezember im ehrwürdigen Ancienne Belgique in Brüssels Innenstadt. Im Auditorium hat soeben das "Exit 2006" begonnen, das jährlich stattfindende Jahresendprogramm des Venues. Während ein DJ mit seinem Rechner dem Publikum einheizt, sitze ich Backstage mit Mickael und David, Sänger und Gitarrist der Band Goose. Beide sind jung, gut gelaunt und voller Tatendrang. Ihr hart rockender Synthie-Gitarren-Bastard "Bring It On" steht zur Veröffentlichung in Deutschland an. Schnell noch ein Bier zur Hand, und dann erklärt doch mal!

Ist das etwas typisch Belgisches, diese kleinen Biere? Ich habe das jetzt schon öfter gesehen hier.

Dave: Nein, das ist eigentlich nicht typisch. Das sind wohl so Flugzeugbiere.

Das passt schon. Habt ihr, als ihr in Köln wart, auch Kölsch getrunken? Die gibts auch in 0,2 Liter-Größen.

Dave: Nein, aber wir haben dieses Apfelgetränk getrunken ... Apfelwein? Gibt es das?

Ja, Apfelwein. - Wie fühlt ihr euch? Das ist heute wahrscheinlich eure letzte Show des Jahres, oder?

Mick: Nein, wir haben noch zwei Gigs zu spielen. Morgen sind wir in Tilburg in Holland, und dann noch eins in Rotterdam an Silvester. Aber das ist nach Mitternacht.

Also technisch euer erster Gig 2007.

Mick: Ja, genau. Wir dürfen nicht so viel trinken vor den Auftritten, aber das ist ok. Es wird sicher lustig sein.

Stört euch das nicht, an Silvester auf der Bühne zu stehen?

Dave: Nein, wir sind aus Kortrijk, einer belgischen Kleinstadt, da ist Silvester immer das gleiche. In der selben Kneipe mit den gleichen Leuten. Also gehen wir nach Gent oder Brüssel, aber das ist auch nicht so spannend.

Mick: Da passiert so viel und man weiß gar nicht, wo man eigentlich sein möchte.

Dave: Keine gute Atmosphäre.

Mick: Wenn man woanders hin möchte, geht man in der Regel mit vielen Leuten, und dann ist es schwierig, das alles zu organisieren.

Dave: Nach Mitternacht will jeder woanders hin, dann verliert man sich ...

Dieses Jahr braucht ihr euch darum keine Sorgen machen.

Mick & Dave: Yeah!

Mick: Wir würden sowieso miteinander herumhängen.

Seid ihr so gut befreundet?

Mick: Ja, das sind wir tatsächlich.

Die späten Auftrittszeiten bringen uns eigentlich direkt zum Punkt: Ist das eine Reflektion dessen, was ihr seid? Wenn ihr ein reiner Rockact wärt, würdet ihr sicher früher auftreten ...

Dave: Das ist genau das, was wir sind. Wir sind in der Lage, in Clubs um vier oder fünf Uhr morgens zu spielen, wir können aber auch in einem richtigen Rockvenue um acht Uhr abends auftreten. Das ist das gleiche für uns, natürlich ist das Publikum unterschiedlich. Für uns ist es fast Rockmusik, mit einem Schuss Elektronik. Wir bringen also den Rockfaktor in die Clubs. Auf der anderen Seite bringen wir den Dancefaktor, den wir haben, mit den Synthesizern und der elektronischen Ausrüstung in die Rockvenues. Wir sind also etwas dazwischen.

Du sagtest, das Publikum ist anders. Inwiefern?

Dave: Manchmal sind sie komplett unterschiedlich, manchmal nicht. Das Wichtige ist: wenn man früh spielt, sind die Leute nüchtern. Naja, die Rock-Crowd hat vielleicht schon ein paar Biere getrunken, aber es ist relativ früh, und die Zuschauer kommen, um zuzuhören. Weil sie beispielsweise das Album gekauft haben oder es kaufen wollen, oder sie kennen zumindest ein paar Songs. Wenn man im Club spielt, wollen die Leute einfach nur Spaß haben.

Die Leute tanzen also mehr, wenn ihr in einem Club seid.

Dave: Ja. Das Publikum bewegt sich viel mehr, das soll wahrscheinlich auch so sein. Andererseits mögen wir es natürlich auch, wenn das Publikum zuhört. Wenn nicht jeder tanzt, ist das kein Problem. Das ist gut, denn sie hören dann zu, und vielleicht verkaufen wir ja auch mehr Alben an das Rockpublikum, weil es besser zuhört, als an das Clubpublikum, für das wir morgens um vier spielen, und die Leute sind auf was der Geier was ...

Mick: Dazu kommt, dass Rockbands mehr an sich selbst interessiert sind. Im Club sind sie da offener, da ist man an diesem DJ interessiert oder an anderen Acts. Sie interessieren sich einfach mehr für Musik, man bekommt mehr Feedback von Kollegen. In einem Rockclub kommen die Bands mit ihren Roadies und dem Roadmanager an ... Man kann im Club besser neue Musik kennen lernen.

Stimmt es, dass ihr alle eine Entwicklung durchgemacht habt in den letzten Jahren, die euch von der Rockmusik zu mehr elektronischer Musik geführt hat?

Dave: Wir haben schon lange elektronische Musik gemocht, wie zum Beispiel Les Rythmes Digitales oder Daft Punk, die kannten wir schon seit Ende der Neunziger. Aber wir konnten das noch nicht für uns nutzen.

Ich verstehe, was du meinst, mir geht es ganz ähnlich.

Dave: Es gibt einen Grund für das, was wir machen: Wir mochten immer schon Rock, aber auch Dancemusik ...

Mick: Wir befanden uns in einer Sackgasse, mit dem, was wir machten. Wir waren eine klassische Rockformation, aber wir kamen an diesen Punkt, an dem wir einen neuen Sound haben wollten. Wir haben damals zusammen im Proberaum musiziert. Und das klappt nur, wenn jeder hundertprozentig konzentriert ist. Da kann man nichts anderes nebenher machen. Allerdings kann jeder von uns praktisch jedes Instrument, das wir im Studio rumstehen haben, spielen. Bert, unser Drummer, ist zum Beispiel ein wirklich guter Gitarrist, er spielt auch Synthesizer. Dave, ursprüngliche Gitarrist hat sich auch in die Synthesizer verliebt, so hat er wahrscheinlich diese Sounds kreiert, die er von Gitarren hören wollte. So hat also jeder seinen eigenen Pfad genommen, aber lustigerweise führten alle in die gleiche Richtung. Es war eine Evolution. Klar haben uns Bands wie Daft Punk oder Les Rythmes Digitales beeinflusst, sie haben uns gezeigt, was möglich ist. Weil sie reguläre Songs mit elektronischen Elementen vermischen, zu denen man dann tanzen kann.

Dave: Wir haben ein Homestudio, wir nehmen also alles selbst auf. Wir hatte kein Geld, um Drums aufzunehmen. Dafür braucht man gute Mikrofone. Wir haben die Songs also mit einem elektronischen Drumset aufgenommen, nur für die Demos. Das haben wir dann geloopt und unsere Musik darüber gespielt. Dann hatten wir die Idee, doch echte Drums einzuspielen, das hat aber nicht funktioniert. Es hatte schon mit dem elektronischen Drumkit ordentlich gegroovt, und unsere Freunde sagten, wir sollten es behalten. Wir haben also versucht etwas schwieriges zu machen, das wirklich nicht nötig war. Also haben wir die Drums so gelassen, wie sie waren, das erklärt wohl auch den elektronischen Sound. Ok, die Synths trägt natürlich auch dazu bei. Das mit den Drums ist die wahre Geschichte ...

Mick: Das war ja auch unsere erste Platte, und man hat gewisse Vorstellungen, wie so etwas abläuft. Zuerst nimmt man Demos auf, und dann geht man in ein richtiges Studio ...

Dave: ... mit einem Produzenten und einem Mischer ...

Mick: ... aber wir haben so viel Zeit auf die Demos verwendet, dass sie sich gar nicht mehr wie Demos angehört haben. Die Gitarren haben nicht mehr wie Loops geklungen. Wir mussten uns diese Songs monatelang immer wieder anhören, also haben wir angefangen, sie zu verbessern. So klang es mit der Zeit immer natürlicher. Die Drumloops klingen jetzt natürlicher als die echten Drums, die wir eingespielt hatten.

Dave: Wir haben es ja mit einem Produzenten versucht, mit Teo Miller, er hat mit uns an den ersten Singles "Audience" und "Good Times" gearbeitet. Und er sagte uns: "Ich kann nichts für euch tun, macht es selbst!" Er kam für eine Woche zu uns herüber und nach zwei oder drei Tagen sagte er: "Es ist gut so, wie es ist. Macht es selbst fertig."

Mick: Es war das gleiche mit Steve Dub. Wir haben eine Woche mit ihm in Brixton gemischt. Wir waren dort im Studio und jede Idee, die er hatte und alles, was er zu unseren Songs hinzugefügt hatte, hat nicht gepasst.

Dave: Es war viel zu wertvoll für uns.

Mick: Er war schon der zweite, der das zu uns sagte: "Jungs, ihr wisst, was ihr wollt. Wenn ich etwas mache, mögt ihr es nicht. Lasst es so, wie es ist oder macht es selbst."

Dave: Dann Reinhard [Voanbergen, Anm. d. Red.], der Gitarrist von Das Pop, auch eine belgische Band. Der kam ins Studio, hörte sich die Musik an und sagte: "Ok, Jungs, wir mixen das zusammen. Ihr mischt es und ich helfe euch mit der Technik." The desk shit. Er kennt das Studio, in dem wir waren ...

Mick: ... er kennt uns und was wir machen wollen, denn er ist auch ein Musiker. Aber gleichzeitig auch Produzent und wir kennen uns schon lange. Er wusste also, was wir taten.

Dave: Und so haben wir es dann gemacht. Es war wirklich einfach: Wir haben die Demos gemixt, und das wars. Ich denke, wir sind zufrieden. Wir sind offensichtlich Kontrollfreaks. Mit allem. Sogar was das Geschäftliche angeht. Aber auch, wenns ums Artwork geht. Wir möchten das Gefühl haben, dass wir wenigstens ein bisschen Kontrolle haben. Natürlich kann man nicht alles kontrollieren und man muss dem ganzen Team vertrauen.

Das Artwork hat eine Freundin von euch gemacht, stimmts?

Mick: Seine Freundin!

Dave: Aber nicht, weil sie meine Freundin ist.

Sondern weil sie gut ist ...

Dave: Yeah!

Mick: Und außerdem, weil wir ihr vertrauen konnten, weil sie uns kennt, sie kennt unseren Vibe und unsere Musik. Sie würde uns keine Ideen vor die Füße werfen, die wir nicht mögen würden. Sie wird auch die T-Shirts machen!

"Es ist nicht mehr so Scheiße wie früher"

Die Entwicklung, die ihr durchgemacht habt ... Habt ihr eigentlich nur AC/DC-Cover gemacht zu Anfang?

Mick: Während dieses Wettbewerbs, mit dem unsere Karriere begonnen hat, Humos Rock Rally, mussten wir einen eigenen Song und einen Coversong spielen. Da haben wir "Whole Lotta Rosie" von AC/DC genommen. Vorher haben wir uns sehr nach AC/DC angehört, weil wir große Fans von Siebzigerrock waren. Dave hat damals stundenlang Soli gespielt. Wir haben ein Video von unserem ersten Auftritt, und du siehst, wie wir spielen und Dave ... (er gniedelt ein wenig auf seiner Luftgitarre herum)

Dave: Kennst du das Zwölf-Takt-System des Blues? Ich habe einfach eins durchgespielt, danach haben mich alle angesehen, also habe ich noch eins gespielt. Und dann noch mal, aber mit Wahwah. (Schallendes Gelächter). Ich mag Soli.

Mick: Wir waren nur dazu da, damit er Soli spielen konnte. Die Dave Martijn Band.

Deswegen habt ihr anderen euch wahrscheinlich so sehr für elektronische Musik interessiert, um von den Soli wegzukommen.

Dave: Es hat geklappt! Nein, ich mag Soli immer noch, aber ich spiele keine mehr.

Mick: Ich höre ihn gerne spielen. Ich bin ein großer Fan von Dave!

Dave: Wirklich?

Mick: Wirklich! Er hat eine Art, Gitarre zu spielen, die ich noch nicht oft gehört habe. Wenn er Synthesizer spielt höre ich den selben Dave, aber auf Synthesizern. Das ist cool.

Genau das hört man auf eurer Platte. Das könnten auch Gitarrensongs sein.

Dave: Wir haben das mal spaßeshalber im Proberaum ausprobiert. Man kann es sogar auf einer Akustikgitarre spielen. Aber man kann es auch Bring It On-Style spielen. Es ist einfach, denn es ist nur ein Song.

Mick: Es steckt im Arrangement.

Dave: Es ist einfach, mit einem Vers, einem Refrain und einer Bridge.

Mick: Wenn uns jemand eine Elektroband nennt, höre ich das nicht so gerne. Wir versuchen unser Bestes, den Leuten zu erzählen, wir seien eine Liveband. Die meisten Bands, auch heute Abend, haben ein Setup mit viel Elektronik und Computern und Samplern. Das ist auch gut, aber wir machen es einfach ein bisschen anders als die anderen. Und wir machen auch etwas anderes als das, was gerade in Großbritannien passiert. Die Klaxons, die haben eine Gitarre und ein bisschen Electronic. Was wir machen, wir spielen einfach Instrumente, wir spielen diese Synthesizer.

Dave: Die Idee ist sehr einfach. Es ist Dancemusic. Genau wie Discomusic. Für uns ist es das einfachste überhaupt. Wir versuchen nicht, etwas anderes zu machen, es ist einfach so gekommen.

Mick: Wir machen einfach das, was wir können, nur mit anderen Instrumenten. Synthesizer kommen aus den Siebzigern, damals haben sie Flötensounds gemacht. Er hat es geschafft, dieses Instrument zu versauen und jetzt klingt es: "Gggggrrrssshhhh!"

Ihr habt eine ähnliche Entwicklung durchgemacht wie Soulwax. Sie hatten auch einen eher alternativen Sound auf ihren ersten beiden Alben, dann wurden sie immer elektronischer, und die DeWaele-Brüder blasen der halben Welt das Hirn als 2 Many Djs heraus. Seht ihr diese Parallelen auch?

Dave: Ich denke, wir mögen einfach die gleiche Art Musik.

Macht euch dieser Vergleich eigentlich etwas aus?

Dave: Wir wussten, das es passieren würde. Wir sind aus Belgien, wir spielen ähnliche Musik, also gibt es nur uns zwei. Soulwax ist die Band im Moment in Belgien, dann gibt es noch dEUS und Millionaire, aber die sind etwas anderes. Soulwax sind die einzigen, die etwas neues machen. Wenn wir Rock machen würden, würde man uns mit Millionaire vergleichen, würden wir Pop machen, wäre der Vergleich zu Das Pop da, man muss Neues immer mit etwas vergleichen, was man schon kennt. Beim zweiten Album wird das nicht mehr der Fall sein, das hoffe ich wenigstens. Die Leute denken manchmal, wir klängen so nach Soulwax, weil ich mit ihnen auf Tour war. Aber unser Album war schon vorher fertig. Es liegt wahrscheinlich am Musikgeschmack, der ähnlich ist. Ich kenne David und Stefan wirklich gut, wir sind gute Freunde. Es wäre sehr dumm von uns, sie zu kopieren. Ich würde mich schämen!

Mick: Wir könnten ihnen nicht mehr in die Augen sehen! Sie schätzen dass, was wir machen. Ich habe mit Stef darüber gesprochen. Anfangs hatten wir gesagt, wir sollten nicht so viel zusammen auftreten und nicht zu viele Radio Soulwax Sessions zusammen machen. Aber während Leeds und Reading sagte er, wir sollten doch noch ein paar machen. Weil es funktioniert. Eigentlich haben wir nur den Four/Four-Beat gemeinsam. Das ist alles. Was sie damit machen und was wir damit machen sind zwei völlig unterschiedliche Dinge.

Vielleicht sind es ja nur die Journalisten, die diese Vergleiche brauchen!?

Mick: Ja, und jetzt etablieren wir unseren Namen. In ein paar Jahren kommt vielleicht eine weitere Band aus Kortrijk, und dann sagen die Leute: "Die klingen wie Goose!"

Dave: Die Leute müssen uns mit etwas vergleichen, das sie kennen.

Das Jahr muss für euch ziemlich spannend gewesen sein ...

Dave: Ja, unser Album ist im September in Belgien herausgekommen.

Mick: In Großbritannien hatten wir eine eingeschränkte Veröffentlichung im Oktober/November, im Februar kommt die Platte dann richtig raus. In Deutschland schon im Januar. In Japan ist sie schon seit November draußen.

Dave: Und da läuft es wirklich gut.

Ihr seid momentan also gerade am Abheben. Wie fühlt sich das an?

Dave: Alles verändert sich ein bisschen. Es ist nicht mehr so Scheiße wie früher. Wir haben keine Freizeit mehr. Aber wir haben einen Plan. Wir arbeiten jeden Tag an unserem Erfolg. Wir arbeiten im Studio an B-Seiten, an Mixtapes, an neuen Songs, an Remixen. Wir haben in diesem Jahr 55 Gigs gespielt, das ist ganz schön viel dafür, dass wir kein Album draußen hatten.

"Die Landung ist der Orgasmus am Ende des Fluges"

Viele Leute fragen euch ja, warum es so lange gedauert hat, bis euer erstes Album erscheint. Ich frage mich: Habt ihr das Gefühl, dass es an einem früheren Zeitpunkt zu früh gewesen wäre?

Mick: Für uns ist es so ... Wir als Menschen ... (lacht, imitiert dann eine Roboterstimme) Wir als Menschen sind jetzt bereit dafür! Du musst mental bereit dafür sein. Du musst eine gewisse Reife haben, um damit umgehen zu können.

Dave: Es nimmt auch Zeit in Anspruch, Strukturen aufzubauen, die richtigen Leute zu finden. Wir wussten, dass uns das wichtig war. Wenn wir vor zwei Jahren mit einem anderen Label eine Platte aufgenommen hätten, würden wir vielleicht jetzt hier nicht sitzen. Wir sind Kontrollfreaks! Wir mussten warten, bis wir die richtigen Leute um uns geschart hatten. Bei Skint haben wir Damien Harris getroffen. Er ist der Chef dort, und er ist wirklich cool. Ein richtiger Musikfan, nicht bloß ein Businessmann.

Mick: Wir haben ein Label im Ausland gefunden! Hier kamen nämlich David und Stef ins Spiel. Sie sagten zu uns: "Es gibt mehr als Belgien. Mit der Art Musik, die ihr spielt, solltet ihr mal in Großbritannien schauen, ob es dort jemanden gibt, der euch veröffentlichen möchte." In Belgien haben wir diesen Komplex, der besagt, dass man es erst einmal in Belgien versuchen muss, dann vielleicht in Benelux, und wenn das gut geht, dann kann man es mal in Großbritannien, in Frankreich oder in Deutschland probieren. Das hätte aber zwei Jahre gedauert. Mit dem ganzen Touren wären wir dann drei, vier Jahre mit dem gleichen Album unterwegs gewesen, dann muss man am nächsten arbeiten ... Das wäre eine niemals endende Geschichte geworden!

Dave: Alle belgischen Manager und die Plattenfirmen in Belgien haben diese Vorstellung. Es funktioniert nicht so für uns. Sie erzählen Dir etwas von einer belgischen Band, die in dem und dem Land ganz groß angesagt ist, aber wenn man in diesem Land ist, merkt man nichts davon. Sie denken sich einfach Geschichten aus!

Mick: Sie arbeiten in diesen festgefahrenen Strukturen. Für sie hat man es geschafft, wenn man auf dem Werchter Festival oder dem Pukkelpop gespielt hat. Das ist für uns die Kirsche auf dem Kuchen, aber es gibt viel mehr als das. Wir wollen lange Musik machen, und zwar unter guten Umständen, also müssen wir mehr Ambitionen haben und über den Tellerrand heraus gucken. Vielleicht ist es nur ein Bluff, aber vielleicht funktioniert es auch!

Dave: Wir hatten die Eier, es zu versuchen.

Mick: Und wir arbeiten hart dafür!

Dave: Auch nicht unwichtig!

Ihr habt gerade eure ersten Gigs in Deutschland absolviert. Wie war das Publikum?

Dave: Wir waren wirklich überrascht. Ehrlich. Es war überall voll!

Mick: In Berlin waren 400 Leute in der Maria. In Köln waren es nicht ganz so viele. 200 vielleicht? Auch nicht schlecht für eine unbekannte Band ohne Album. Da waren wir mit Tele.

Dave: Und in Frankfurt, das war wirklich gut! Das war unsere erste Show, bei der nur wir aufgetreten sind. Deshalb waren wir ein wenig nervös, aber es war wirklich gut! Alle haben getanzt. Und die Unterbringung in Deutschland ist wirklich gut. Das Essen! Unsere meisten Shows spielen wir in Großbritannien. Wenn wir Glück haben, bekommt jeder ein oder zwei Biere, das wars. In Köln kamen wir in den Backstagebereich ... Und die Techniker sind auch super!

Ihr nennt euch Goose, nach dem Charakter aus "Top Gun". Warum ausgerechnet er? Er stirbt doch nach der Hälfte des Films.

Dave: Wir mussten 2001 einen neuen Namen für die Band finden ...

Wie war bis dahin euer Name?

Dave & Mick: Das willst du nicht wissen!

Ist er so peinlich gewesen?

Dave: Es ist ein einfacher Name, den man sich leicht merken kann. Mir gefällt er sehr gut. Ich bin froh, dass es nicht The Goose oder The Gooses ist. Es hat sogar etwas von den Neunzigern. Wie Nirvana ...

Es könnte ein Grungeband sein!

Dave: Ich bin ein großer Flugzeugfan, als ich sechs Jahre alt war ...

Mick: Aber du bist ein größerer Fan von ...

Dave: Was?

Mick: Landebahnen!

Dave: Ja, ich habe sogar ein T-Shirt mit einer Landebahn drauf. Moment, ich zeigs dir!

Ein cooles Shirt!

Dave: Das ist die Ansicht, die man beim Landeanflug hat. Ich mag Flugzeuge, mein Cousin ist Pilot. Ich fliege gerne, aber die Landung ist das Coolste.

Mick: Der Orgasmus am Ende!

Dave: Und die Länge der Landebahnen ...

Mick: Freud!

Dave: Hat das was mit Freud zu tun? Manchmal sehen Landebahnen sehr lang aus, aber in Wirklichkeit sind sie kurz.

Mick: Bei Google Earth schaut er sich keine Städte an, sondern Landebahnen.

Dave: Ich habe keinen Flugsimulator, weil ich nur einen Mac besitze. Ich simuliere den Flugsimulator mit Google Earth!

Sympathische Nerds, denke ich noch, als ich den kleinen Backstageraum verlasse. Um halb zwei Uhr morgens betreten dann alle vier die Bühne, gekleidet in schwarze Hemden und schwarze Hosen. Tight wie ein vier Nummern zu kleiner Spandexeinteiler treten Goose dem Publikum dermaßen tief in den Hintern, dass ich eine gute Stunde später vom Synthie-Overkill völlig benommen ins Taxi nach Hause falle. Sie fordern "Bring It On", liefern selbst aber derbe ab!

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LAUT.DE-PORTRÄT Goose

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