laut.de-Kritik

Wenn Gott und der Teufel eine Runde Schach spielen.

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Die offiziellen Promo-Infos zu Felix Meyers Album ziehen Vergleiche zu Künstlern wie Jaques Brel und Tom Waits heran. Eine hohe Messlatte für jemanden, der vor noch nicht allzu langer Zeit ausschließlich als Straßenmusiker unterwegs war. Und die völlig überflüssig ist: denn Meyer und seine Musik benötigen vordergründiges Werbe-Getrommel in keinster Weise.

Die 13 Tracks auf "Erste Liebe/Letzter Tanz" wandeln gekonnt zwischen Chanson, Americana und Folk, ergänzt durch treffsicheres Singer/Songwriter-Handwerk. Größtes Pfund des Musikers: seine ungewöhnlichen und faszinierend bildhaft umgesetzten Texte, die einer im deutschen Lyrics-Bereich oft längst verloren geglaubten Poesie weit die Türen öffnet.

Etwa, wenn er im "Hinterhofkino" metaphernreich den Verfall des alltäglichen und eigenen Daseins kommentiert: "Ich hab das Kino von oben gesehen / durch Löcher im Dach regnet es Sturzbäche rein / keiner mehr in den Sesseln, der weint / keine Glühbirne, die hier mehr brennt".

Auch nachdenkenswerte philosophische Ansätze finden sich reichlich wie etwa die Gedanken in "Einverstanden": "Wenn also Schicksal eine Frage des Glaubens ist / und Bewusstsein eine Frage der Zeit / dann könnte es Glück sein, wenn für einen Moment / keine Frage mehr bleibt".

Meyers Songs kreisen nicht ausschließlich um eigene Befindlichkeiten. Auch allerlei bekannte und mythische Figuren der Geschichte geben sich ein Stelldichein: "Auf einer kleinkarierten Picknickdecke / spielen Gott und der Teufel immer Dienstags eine Runde Schach" ("Liebe, Dreck & Gewalt"), und später stehen desillusioniert "Generäle, Glücksritter und Elfen / mit dem Gesicht zur Wand" ("Der Realist"). Meyer mag es, "wie Sprechblasen platzen / und vor uns auf das Pflaster klatschen".

Produzent Franz Plasa (Selig) feilt zwar mitunter die wirklich rauhen musikalischen Ecken und Kanten ein wenig zu glatt. Meyers Stimme aber klingt knarzig, geradeaus und immer nach Straße - fraglos nicht jedermanns Geschmack, was aber grundsätzlich einen weiteren Pluspunkt bringt. "Erste Liebe/Letzter Tanz" ist ein passgenaues Album für den Genuss mit Rotwein mit selbstgedrehten Kippen, verfehlt aber auch bei Whisky-Cola und Luckies seine Wirkung nicht.

Trackliste

  1. 1. Prolog
  2. 2. Zeiten Großer Worte
  3. 3. Hinterhofkino
  4. 4. Noch Früher Mal
  5. 5. Einverstanden
  6. 6. Liebe, Dreck & Gewalt
  7. 7. Bilder Wie Gefühle
  8. 8. Das Hohe Ross
  9. 9. Bzw. Glaub Ich
  10. 10. Bis Übermorgen
  11. 11. Seele
  12. 12. Der Realist
  13. 13. Aus Blauem Himmel

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