laut.de-Kritik

Ab und zu möchte man sich in die Südsee beamen ...

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Ganz heimlich, still und leise schleicht es sich heran, das neueste Opus aus dem Hause Sister Bliss, Rollo und Maxi Jazz. Ohne das gewohnte, große Medien-Getöse wirft das Label die Scheibe auf den Markt. Was schließen wir daraus? Philosophieren die Verantwortlichen bereits über den Abgesang der Electro-Combo?

Gewisse Abnutzungserscheinungen lassen sich nicht verleugnen. Seit ihrem mitreißenden Debüt "Reverence" und dem immer noch in allen Ohren herum spukenden Megahit "Insomnia" kauen Faithless auf ihrem altbewährten Konzept herum. Viele werden sich im kuscheligen und vertrauten Elektrosound wieder finden, andere den mangelnden Mut betrauern, einmal zu neuen Ufern aufzubrechen. Hier passt das Intro zum Titeltrack: "Männer gehen nach links, Frauen nach rechts" oder anders ausgedrückt: "Fans bitte kaufen, allen anderen sei hiervon abgeraten!".

Faithless lassen neben den üblichen breitflächigen Synthie-Sounds und warm klingenden Beats - die wie immer hervorragend produziert sind - eine seltsame Techno-Esoterik einfließen, die einen ab und an schaudern lässt. Hierzu passen die aktuellen Promo-Fotos mit nacktem Maxi Jazz und der schwangeren Sister Bliss wie die Faust aufs Auge. Entrückte Mystik und Gutmenschen-Lyrics samt mobyesker Flächen-Sounds, fertig ist der neue Longplayer.

Zudem rutscht dem Trio nun auch Fluntsch wie das absolut vergessenwerte "Hope & Glory" raus. Pop-Appeal dieser Sorte möchte man nicht einmal im Mittagsprogramm der öffentlich-rechtlichen Formatradios hören. Dagegen stehen aber auch Songs, die gewissen Qualitätsstandards entsprechen. Obwohl sich auch "Bombs" auf bekanntem Territorium bewegt, packt der Track mit seiner semi-düsteren Atmosphäre doch bei den Ohren, ohne auf die typischen und leider im Flow schon hundertmal gehörten Einlagen von Maxi Jazz zu verzichten.

Stücke wie das mit hochgepitchten Vocals verzierte "Spiders, Crocodiles & Kryptonite" mögen homöopathisch Innovation vorgaukeln, aber spätestens mit den Cure-Samples von "Lullaby" samt Robert Smith wird auch hier der Wunsch zum Vater des Gedankens. Weder will die Einleitung des Tracks zur nach Minute 1:12 einsetzenden Hommage an die Gruft-Pioniere passen, noch das sich anschließende Outro.

Ab und zu möchte man sich in die Südsee beamen und zu den Songs einen gepflegten Cocktail schlürfen, während man sich im Schatten vor der sengenden Sonne versteckt. Chillout, Easy Listening im besten Falle - Muzak im schlimmsten. An diesem Schimpfwort schrammen Faithless diesmal leider nicht ganz vorbei. Schließt sich hier noch Plattenfirmen-Nonsens der banalen Sorte an, scheint der kreative Ofen aus zu sein. Oder wie lässt sich ausgelutschte Prosa der folgenden Art einordnen: "Dies ist das fünfte Faithless-Album und es ist ihr bislang bestes." Amen. I can't get no sleep!

Trackliste

  1. 1. Bombs
  2. 2. Spiders, Crocodiles & Kryptonite
  3. 3. Music Matters
  4. 4. Nate's Tune
  5. 5. I Hope
  6. 6. Last This Day
  7. 7. To All New Arrivals
  8. 8. Hope & Glory
  9. 9. A Kind Of Peace
  10. 10. The Man In You
  11. 11. Emergency

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