laut.de-Kritik

Obernerd trifft Überproduzent.

Review von

"Die meisten Kritiker mögen Elvis Costello, weil sie aussehen wie Elvis Costello", spottete David Lee Roth einst. Womit er absolut Recht hat, zumindest im ersten Teil des Satzes. Die Gunst liegt aber weniger am angeblich gemeinsamen Look als an Costellos Fähigkeit, die unterschiedlichsten Genres anzuzapfen, ohne sich zu in einem Meer an Mittelmäßigkeit zu verlieren. Und ohne seine Punkrock-Wurzeln aufzugeben

Der Obernerd tat sich für das vorliegende Album wieder mit seinem alten Bekannten T Bone Burnett zusammen, der bereits für sein kommerziell erfolgreichstes Album "Spike" (1989) sowie für "Secret, Profane & Sugarcane" (2009) verantwortlich zeichnete.

Außerdem war Burnett der Mann hinter Robert Plants und Alison Krauss' bejubeltem "Raising Sand". Da konnte wenig schief gehen, zumal gleich mehrere Musiker bei beiden Sessions zugange waren. Wie auch die Imposters, die Costello schon seit vielen Jahren live begleiten. Mit von der Partie war auch Keyboarder Leon Russell, der kurioserweise zeitgleich ein Album mit Elton John veröffentlicht.

Der Opener, gleichzeitig der Titelsong, handelt von "bankrotten Zeiten, wann immer die sein mögen", so Costello. Das ist der rote Faden, der die Stücke des Albums zusammen hält, zumindest vom Konzept her. Denn eine verheerende Finanzkrise gab es auch zu Beginn der 30er Jahre, als "wunderbare Musik entstand".

Das erklärt, warum es nach den rockigen Tönen zu Beginn im zweiten Stück akustisch und intim zugeht. "Stations Of The Cross" bietet eine angejazzte Atmosphäre und Costellos typisch schrägen Gesang am Rande des stimmlichen Abgrunds. "A Slow Drag With Josephine" ist eine fröhliche vokale Country-Session.

In nur elf Tagen zwischen Nashville und Los Angeles entstanden, zeugt das Album von Kreativität und ständig wechselnden Stimmungen. "Five Small Words" bietet wieder lässigen Rock'n'Roll, in "Church Underground" kommen eine Slide-Gitarre und George Harrison-Reminiszenzen zum Einsatz. "You Hung The Moon" könnte mit Streichern und Crooner-Stimme auch ein Stück von Frank Sinatra sein.

Bis auf den Opener hebt sich keines der 16 Stücke hervor, aber das ist bei Costello eh selten der Fall. Bei ihm geht es eher ums Gesamtkonzept, das diesmal nicht so richtig überzeugt. Politik spielte bei ihm schon immer eine Rolle, doch eignet sich "Wirtschaftskrise" offenbar nicht wirklich als zugfähiges Konzept, zumal nicht so sehr Wut als vielmehr Nachdenken angesagt ist.

Auch wenn "National Ransom" nicht unbedingt zu seinen Großtaten gehört - Costello macht nach über 30 Jahren im Business noch aussagekräftige und immer wieder überraschende Platten. Ganz im Gegenteil zu Roth, dessen Karriere schon Ende der 80er versandete. Spiel, Satz und Sieg für den Mann mit der Zahnlücke und der sperrigen Brille.

Trackliste

  1. 1. National Ransom
  2. 2. Jimmie Standing in the Rain
  3. 3. Stations of the Cross
  4. 4. A Slow Drag With Josephine
  5. 5. Five Small Words
  6. 6. Church Underground
  7. 7. You Hung the Moon
  8. 8. Bullets for the New-Born King
  9. 9. I Lost You
  10. 10. Dr. Watson, I Presume
  11. 11. One Bell Ringing
  12. 12. The Spell That You Cast
  13. 13. That's Not The Part of Him You're Leaving
  14. 14. My Lovely Jezebel
  15. 15. All These Strangers
  16. 16. A Voice In The Dark

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