laut.de-Kritik

Eine geistige Flatline kann man auch witziger gestalten.

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Ich habe mich ja schon immer gefragt, warum so ein Aufsehen um Eisregen vollführt wird. Auf dem Index zu landen ist ja per se noch keine große Leistung. Das schaff ich auch, wenn ich den Kollegen Dobler mal im Ledertanga mit der Rute durch die Redaktion peitsche, das Ganze mit lustiger Musik unterlege und dazu Gedichte aus dem Poesiealbum des Kollegen Schuh rezitiere. Kurzweilig, aber eben noch kein Grund für Ruhm und Anerkennung.

Wie ist das nun mit Eisregen? Waren die letzten Alben wirklich so gut, dass man die steigende Popularität der Thüringer erklären könnte? Sind die nekrophilen Texte und die Metzel-Lyrik tatsächlich noch in irgendeiner Form spektakulär oder aufregend? Vor allem: Meinen die Jungs das tatsächlich ernst, was sie mit der "Madenreich"-EP vorab veröffentlicht hatten? Gedudel, das von einem C-64 stammen könnte, mit Lala-Gitarre und dem typischen 'ich-reib-mich-gern-an-Leichen'-Geschwurbel.

Der Humor der Thüringer war schon immer ein wenig seltsam. Aber selbst wenn das mal lustig war, verendet der Witz schon nach den ersten zwei Minuten. Aber vor solchen Experimenten war man bei Eisregen noch nie gefeit und "Rostrot" schöpft wieder aus dem Vollen. Bereits der Opener "Erlösung" klingt durchgehend wie ein klassisches Intro aus Klavier, leichten Streichern und ein wenig Snare, über das Fronter Blutkehle lustige Geschichten rezitiert.

Ansonsten konzentrieren sich Eisregen weitgehend auf sehr klavierlastigen Dark Metal, der zwar ganz nett ist, aber musikalisch nur durchs Mittelfeld grätscht und sich textlich irgendwo an der Außenlinie warm läuft. Kratzen solche Lyrics tatsächlich noch irgendjemanden? Oder was soll mir eine Nummer wie "Kathie Das Kuchenschwein" sagen? Im Zeitalter von Internet-Mobbing kann man so eine geistige Flatline auch geschickter oder zumindest witziger gestalten.

Doch Eisregen zollen auch ihren Black Metal-Wurzeln auf "Rostrot" Tribut. "Schakal - Ode An Die Streubombe", das starke "Blutvater" und auch "Wechselbalg" zischen richtig gut ab. Ob das reicht, die Scheibe für mehr als die Die Hard-Fans interessant und relevant zu machen, ist schwer zu beurteilen. Ein echtes Highlight sucht man jedenfalls vergeben, denn über das gehobene Mittelmaß geht bis auf "Fahles Ross" kaum ein Song hinaus.

Trackliste

  1. 1. Erlösung
  2. 2. Schakal - Ode An Die Streubombe
  3. 3. Madenreich
  4. 4. Ich Sah Den Teufel
  5. 5. Blutvater
  6. 6. Bewegliche Ziele
  7. 7. Kathi Das Kuchenschwein
  8. 8. Wechselbalg
  9. 9. Fahles Roß
  10. 10. Rostrot

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31 Kommentare

  • Vor 12 Jahren

    Lustiger Text^^
    Aber ist bei diesem Satz die Vergangenheitsform beabsichtigt oder ist da nur ein t zuviel?: Kratzten solche Lyrics tatsächlich noch irgendjemanden?

  • Vor 12 Jahren

    jaja Eisregen. Ab und zu hör ich Farbenfinsternis ganz gern, es ist ... anders. Aber ich wusste schon lange, das FF und Krebskolonie für mich reicht. Ist mir dann doch ...

    aber ein paar gute Sachen haben sie schon drunter. Mir persönlich gehts halt irgendwann auf die Nüsse, das weiss ich schon.

    Aber das Konzept ihrer Plattennamen gefällt mir gut.

  • Vor 12 Jahren

    Ich finde es im Prinzip ganz gut, 3 Punkte würde ich sagen. Leider sind aber auch hier wie auch auf den letzten Alben ein paar überflüssige Sachen drauf, die auf den Sack gehen, wie Kathi zum Beispiel. Wundwasser ist für mich immer noch das beste Eisregen Album.