laut.de-Kritik

Handelsüblicher H&M-Pseudo-Gothic.

Review von

Nach dem für den Echo nominierten Hit "Eisblumen" legen die Berliner mit dem Debütalbum nach. Um eine echte Band im herkömmlichen Sinne handelt es sich gleichwohl nicht. Ria ist "Eisblume", die Band unterstützt sie lediglich live. Das clever gemachte, knuffige Video lässt hierbei die Erwartungshaltung in die Höhe schnellen. Übermäßig viele Blumen sucht man "Unter Dem Eis" jedoch vergeblich.

Allzu berechenbar und kalkuliert klingt diese Sammlung von einem Dutzend Songs. Nicht weniger als 15 verschiedene Autoren zeichnen für die Tracks verantwortlich. Die mitunter recht ausgelutschte Binsenweisheit mit den vielen Köchen und dem verdorbenen Brei trifft hier leider voll ins Schwarze.

Der Opener "Eisblumen" bedarf keiner gesonderten Erwähnung mehr. "Leben Ist Schön" leiert sich durch eine Strophe voller künstlich lang gezogener Vokale hin zu einem überraschend billigen Euro-Dance-Trash-Refrain inklusive nervtötendem Nananana-Gesang. Neben solch ergreifender Schlichtheit tönen selbst Kinderlieder à la "Alle Meine Entchen" wie kompositorische Meisterwerke. "Unter Dem Eis" schleicht sich als handelsüblicher H&M-Pseudo-Gothic ins Ohr. Im Refrain können selbst Hilfsmittel nicht darüber hinweg täuschen, dass Rias Stimme von der uninspirierten Gitarrenwand nahezu komplett verdeckt wird.

"Land In Sicht" erinnert in Melodie und Arrangement dermaßen stark an Juli, dass man schon zweimal hinhören muss, um keiner Verwechslung zu unterliegen. Auch typisch deutschrockende Durchalteparolen wie Wir leben, werdens überstehen, werden auf schwerer See nicht untergehen. Wir leben, siehst du das nicht? Es ist Land in Sicht. bringen weder Ria noch dem Hörer die rettende "Perfekte Welle" gen Ufer.

"Liebe Heißt Schmerz" beginnt mit Annett Louisan-Gesang und Stromgitarren aus der Diätküche des Rock. Im folgenden Refrain bleibt das Publikum dann unter dem Silbermond stehen. Die dortige Zeile Sag mir, warum tut Liebe weh? lindert dabei nicht die verspürten Ohrenschmerzen ob der glasberstend zersungenen Frage ohne Stimmvolumen. "Zeit Zu Gehen" langweilt mit textlichen Plattitüden aus der schlageresken, einschlägigen Pennälerlyrik-Grufti-Schublade. Wie winterliches Meer. Ich Spür die Wellen kalt. Der Raum ist menschenleer. Du gingst von mir im Zorn. Ich ging nicht hinterher. Die Nackenhaare sträubende Gänsehaut bekommt der Hörer hier sicherlich nicht vom winterlichen Meer.

Die Gruselballade "Louise" zeigt zum Abschluss des Albums noch einmal, dass Ria eigentlich zu charismatischer Performance in der Lage wäre, wenn man ihre Stärken in ruhige atmosphärische Arrangements packen würde. Aber da ist längst schon alles zu spät. Das mangelnde Vertrauen in klangliche und kompositorische Eigenständigkeit beschert ihr einen Patchwork-Flickenteppich, der nicht als kleidender Mantel daher kommt. Die stilistische Unentschlossenheit unterstreicht das Gebräu wenig vorteilhaft und vermittelt einen Eindruck, wie Musik zu klingen hat, die jede angepeilte Teenie-Fanschar über 12 Jahre komplett unterschätzt. Das kann nur besser werden.

Trackliste

  1. 1. Dämmerung
  2. 2. Eisblumen
  3. 3. Zeit Bleibt Nicht Stehen
  4. 4. Leben Ist Schön
  5. 5. Überleben
  6. 6. Land In Sicht
  7. 7. Hoffnung
  8. 8. Zeit Zu Gehen
  9. 9. Stern
  10. 10. Liebe Heisst Schmerz
  11. 11. Sieben Mal
  12. 12. Unter dem Eis
  13. 13. Louise
  14. 14. Eisblumen - Video

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LAUT.DE-PORTRÄT Eisblume

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