laut.de-Kritik

'Chamäleon' wäre vielleicht treffender ...

Review von

Wer leichte Popkost sucht, tut sich gewiss mit Echoboy schwer. Der britische Soundtüftler spielt sich mit seinem vierten Album "Giraffe" in die Herzen all jener, die Musik lieben, die stets seltsam undefinierbar bleibt, um sich bei jedem Hören neu zu entfalten. Was ist das für ein Mann, der es auf so verzaubernde Weise versteht, Indie-Rock mit Synthie-Pop zu vermischen?

Weltruhm haben die drei Vorgängeralben Richard Warren, der sich hinter Echoboy verbirgt, nicht eingebracht. Aber immerhin hat er sich einen Namen gemacht: als Einer, der auszieht, die Welt des Pops neu zu definieren, der so lange experimentiert und bastelt, bis etwas völlig Neuartiges entsteht.

Neu an "Giraffe" ist, dass sich Warren diesmal nicht im Alleingang ans Werk gemacht hat, sondern sich die Unterstützung von Flood zunutze machte, der schon Alben von U2, Depeche Mode und den Smashing Pumpkins produzierte. Die zwei haben alles, was Richard in der Zwischenzeit so aufgenommen hat, durchforstet, verschiedenste Fragmente extrahiert und zu zehn neuen Songs zusammen gesetzt.

Diese Songs sind von einer solchen musikalischen Bandbreite, wie man sie nicht häufig auf einem Album trifft. "Automatic Eyes" kreiert durch treibende Basslinie und Warrens computerverzehrte Stimme eine düstere Szenerie, die durch den nahtlos anschließenden Elektro-Mix "Don't Destroy Me" noch stärker scheint.

Düster sind auch die meisten Texte, so klagt Echoboy in "Comfort Of The Hum" über eine Welt voller kranker und nichtssagender Stücke, in der ihm nur der Trost des elektrischen Brummens Linderung verschafft. Grandios ist "Summer Rythem", bei dem soulige Vocals, eingängige Gitarrenmelodien und Synthesizer ineinander greifen, unterstrichen von einem poetisch anmutenden Text.

Weniger eindrucksvoll sind Tracks wie "High Speed In Love" und "Fun In You", sie scheinen vorbei zu ziehen, ohne Spuren zu hinterlassen, und mindern dadurch ein bisschen den Gänsehaut-Effekt vom Auftakt. Vielleicht sind sie aber auch gute Wegbereiter für den Rest des Albums, denn da ändert sich der Ton noch mal komplett.

"Good On T.V." ist lauter, stärker und hypnotischer als alle anderen Titel, der abschließende Chorus gräbt sich tief in den Kopf, aus dem er sich nur schwer wieder rauskriegen lässt. Die letzten zwei Songs bilden ein überraschendes Ende, klingen stark nach Industrial und haben nur wenig mit dem Anfang der Platte gemein.

"Giraffe" (Chamäleon wäre vielleicht treffender) ist kein Fast Food Pop, sondern der ernste Versuch, unbekannte musikalische Pfade zu erforschen. Eines dieser Alben, die einem bei jedem Hören mehr und mehr ans Herz wachsen.

Trackliste

  1. 1. Automatic Eyes
  2. 2. Don't Destroy Me
  3. 3. Comfort Of The Hum
  4. 4. Summer Rhythm
  5. 5. High Speed In Love
  6. 6. Fun In You
  7. 7. Lately Lonely
  8. 8. Good On T.V.
  9. 9. Wasted Spaces
  10. 10. Nearly All The Time

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