1. Juli 2009

"Etwas Schizophrenie ist immer dabei"

Interview geführt von

Nachdem Down Below schon bei Raabs Bundesvision einen respektablen dritten Platz abräumten und ihre letzte CD bei GZSZ rauf und runter gespielt wurde, stehen für die Sachsen Anhaltiner alle Zeichen auf Erfolg.Gerade veröffentlichen Down Below ihr aktuelles Album "Wildes Herz". Grund genug, die selbst ernannten Dark Rocker eingehend zu ihrer Musik zu befragen. Der etwas hektische, aber gut aufgelegte Sänger und Hauptsongwriter Neo stand mir hierzu Rede und Antwort.

Für all jene, die Euch nicht kennen: Worin besteht die Philosophie von Down Below? Was ist Eure künstlerische Vision?

Oh wow, das ist ja gleich so harter Tobak am Anfang. Das geht ja gut los hier. Also erstmal ist es immer ... eigentlich auch ganz einfach. Unsere Mission ist ganz einfach, gute Musik zu machen. Musik, die wir auch fühlen und Texte zu machen, die wir eigentlich auch so leben.

Ihr bezeichnet euch selbst als "Dark Rocker". Soll man das als Synonym für Gothic verstehen?

Ja, das ist eben genau das Ding. Wir sind halt in der Szene beheimatet. Da hat dann alles so einen mystischen Einschlag. Da kokettieren wir auch gern mit allem, was mystisch und sehr dunkel ist. Aber so eine richtige Gothic Band sind wir wohl nicht. Deshalb haben wir auf unserer Homepage einfach mal Dark Rock geschrieben.

Gibt es Vorbilder in künstlerischer Hinsicht?

Ja, also natürlich hat jeder von uns in der Band seine musikalischen Vorbilder. Das ist ganz klar, aber auch sehr verschieden. Bei mir zum Beispiel waren Tool, A Perfect Circle oder The Cure schon sehr prägend. Aber da sind auch viele Metalwurzeln, gerade bei unserem Gitaristen Convex. Wichtig ist aber, dass wir nicht versuchen, irgendeinen Sound so zu kopieren. Das entwickelt sich ganz einfach so. Ist mir auch sehr wichtig wegen der Eigenständigkeit.

Eigenständigkeit ist ein gute Stichwort. Ihr released gerade Eure neue CD "Wildes Herz". Wo liegt denn da diese Eigenständigkeit?

Also Fakt ist, dass wir uns sehr weiterentwickelt haben im Vergleich zur "23". Aber den Sound haben wir schon beibehalten. Ich stehe halt auch auf die 80er Synthies. Und ich selbst habe ja auch eine ganz eigene Klangfarbe in der Stimme. Down Below ist nach wie vor Down Below. Wir haben uns ja nicht neu erfunden. Aber die Deutschsprachigkeit ist schon ein großer Schritt. Und das liegt eben auch an dem Auftritt bei Stefan Raabs Bundesvision. Da mussten es eben 40% deutsch sein. Aber das war uns zu halbgar. Und da habe ich dann auch mal sechs deutsche Songs geschrieben. Wir wollten keine Mischplatte machen. Nun ist eben alles deutsch. Damit fühle ich mich mittlerweile sehr wohl.

Wenn man sich eure Texte anhört, entdeckt man jedoch viele typische altbekannte Klischees der Schwarzen Szene. "Durch den Nebel in die Nacht. Bleib doch noch ein bisschen wach. (...) Die Engel ... unter Eis (...)Heute Nacht können wir fliegen und sie jagen hinterher, (...) sie fallen zurück ins Tränenmeer."

War es wirklich nötig, vom Englischen ins Deutsche zu wechseln? Vor allem, weil du doch deinen persönlichen textlichen Herman Hesse-Bezug sehr gern und oft betonst. Dagegen klingen Eure Texte eher wie Rockschlager à la Matthias Reim oder Wolfgang Petry ....

Na ... also da muss ich schon mal ganz stark betonen ... da muss man ja ganz stark differenzieren. Textlich ist es natürlich so, dass wir uns gewisser Sprachbilder bedienen, die halt Teil von uns sind. "Durch den Nebel in die Nacht" ist z.B. halt ein Sprachbild, das jeder sofort versteht, das viele Emotionen erzeugt. Es geht mir ja auch gar nicht um anspruchsvolle Texte. In solchen Songs hast du ja nur immer maximal vier Minuten Zeit. Und da muss der Hörer das ja auch sofort verstehen. Also mir ist das wichtig. Man soll ja wissen, worum es geht.

Worum geht es denn?

Na gut, da muss natürlich immer auch genug Spielraum sein, dass man da auch eigene Sachen reininterpretieren kann. Aber dadurch gibt es ja auch den gewissen Rahmen mit gewissem Aufbau und dadurch ist es relativ ... also ... ich sag mal, ich artikuliere mich einfach in einer relativ simplen Sprache. Aber ich denk mal, wenn man da zwischen die Zeilen guckt, gibt es da auch eine Menge Tiefgang. Das habe ich ja alles auch selbst erlebt. Mir ist das auch wichtig, dass man da einfach authentisch bleibt.

"Ich dachte: 'Das ist ja Arsch auf Eimer!'"

Lass uns noch einmal zum Sound kommen. Die CD ist ja teilweise dominiert vom erwähnten 80er Synthie-Sound; teils fast schon Italo Disco!

(Lacht) Ja ... Haha ... das ist schon so ein Ding. Da stehe ich total drauf. Das machen andere Bands in der Szene ja auch nicht so.

Du meinst wegen der Eigenständigkeit? Aber was gibt es denn dann für einen Grund, Bronski Beats "Smalltown Boy"-Synthielinie eins zu eins auf dem Titeltrack "Wildes Herz" zu imitieren?

(Nachdenklich) Ja, na klar, na klar ... natürlich, natürlich ... Das ist ganz bewusst gemacht. Ich mag das ganz gerne, mal so ein Zitat zu bringen. Und der "Smalltown Boy" war natürlich eine absolute Übernummer, einfach total cool. Als wir damit im Studio herum experimentiert haben, da dachte ich: "Mensch guck mal, das ist ja Arsch auf Eimer!" ... Also der Song würde ja auch ohne dieses Zitat funktionieren, ist mit aber noch witziger.

Aber bei "Während du schliefst" höre ich zusätzlich auch die berühmten Schreibmaschinen-Synthies von Alan Parsons "Lucifer" heraus.

Also da muss ich erst mal ... von wem?

Alan Parsons Project! War das auch Absicht?

Neee ... also da muss ich jetzt mal sagen ... Das kenne ich so überhaupt nicht. Aha ... ok. Wo krieg ich das denn jetzt her?

Das ist weltbekannt. Jeder andere Hörer wird das auch merken.

Aha ... ok ... also ... das war in der Tat unfreiwillig.

Euer letztes Album lief fast komplett längere Zeit als Hintergrundmusik für GZSZ. Was würdet ihr Leuten entgegnen, die sagen: Mit der glatten Produktion biedern sich Down Below auf ihrer neuen CD gern bei RTLs Daily Soaps, dem totalen Mainstream und Formatradio an; haben alle Ecken und Kanten verloren?

Ah ja ... also erstmal ist ja so, dass wir uns keiner Szene anbiedern. Das ist auch gut so. Gerade weil unser Publikum ja sehr breit gefächert ist. Da ist echt alles dabei, und wir wollen auch so eine Band sein für die Leute, die nicht nach so was gehen, ob man gerade einen Hype hat. Sondern eine Band, die man mag, weil die eben die und die Musik macht. Aber was den Sound angeht, finde ich zum Beispiel, dass wir auf der neuen Platte viel mehr Mut hatten als auf der "23". Man versucht ja auch, es den Leuten so angenehm wie möglich zu machen, so dass man selber damit auch zufrieden ist.

Zufrieden damit, alle Gitarren zwar heavy klingen zu lassen, aber total in den Hintergrund zu mischen, wie bei einer Karaoke-CD? Live klingt Ihr ja anders.

Also es kommt immer darauf an, worauf man steht. Ich mag es halt, wenn alles sehr stimmig und sehr rund klingt. Live klingt das natürlich anders. Auch rauher.

Ihr habt Euch demnach nicht bewusst an das Formatradio angepasst?

Nee, das nicht. In dem Prozess, in dem ich Songs schreibe, da ist das einfach so ein komplexes Ding. Ich sitze ja einfach da mit einer Akustikgitarre und probier nur rum. Erst wenn ich da das Gefühl habe, der Song funktioniert, gehe ich an den Computer und baue den richtig zusammen. Wenn ich den Song nicht einfach so spielen kann, dann ist der auch Scheiße.

Verstehe. Plant Ihr eigentlich in naher oder ferner Zukunft den internationalen Durchbruch?

Also ich denke, wir beschränken uns komplett auf den deutschsprachigen Raum. Da gehören natürlich auch schon Österreich und die Schweiz dazu. Und wenn, wenn wir überraschender Weise auch darüber hinaus Anklang finden, sind wir natürlich sehr froh. Aber mir persönlich wird das erstmal so reichen; das heißt: Deutschland, Österreich, Schweiz.

"Wenn ich nach Hause komme, gucke auf ich mein Klingelschild ..."

Ihr benutzt Pseudonyme. Warum? Eine Referenz an Bowies Ziggy Stardust und alte Glamrock-Zeiten?

Weißte, irgendwann kam Carla und zeigte uns ihr Konzept; das heißt Down Below. Und da dachte ich, na cool! Und wenn das auch auf Verkleidung basiert, sollte es natürlich auch stimmig sein und dann machen wir das auch mit Pseudonym. Ich habe dann für mich die Erfahrung gemacht, dass ich das gut fand mit dem Pseudonym, weil du immer noch die Möglichkeit hast, von der Bühne zu gehen und das hinter sich zu lassen. Dass man auch mal ausflippen kann auf der Bühne. Das ist ja auch ne Facette von mir, dass ich halt abschalten kann. Und das brauche ich auch in dieser kreativen Phase. Dass ich für mich halt ich bin. Dass das Ich unberührt bleibt, von dem, was man nach außen stellt. Und dass man das abgrenzt von dem, was hinter der Bühne passiert.

Hast Du schon festgestellt, dass sich die Kunstfigur "Neo" verselbständigt? Entwickelt sie eine eigene Persönlichkeit?

Naja sicherlich, irgendwo schon. Bisschen Schizophrenie ist ja als Künstler immer dabei. Nur, es gibt ja auch Leute, die verlieren sich da. Die kriegen das nicht mehr auseinander klamüsert. Wenn ich nach Hause komme, gucke auf ich mein Klingelschild und weiß, wer ich eigentlich bin.

Ich bedanke mich für das Gespräch.

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