laut.de-Kritik

Seele per Brechstange? No Way.

Review von

Wolken von oben fotografiert signalisieren Weite. Das passt zu Delaware aus Norwegen, die ihren Sound der Weite verschrieben haben. Bereits auf dem Erstling "...And Everything Reminds Me" war das so und diese Feststellung hat für das aktuelle Album "Lost In The Beauty Of Innocence" weiter Bestand.

Sphärische Klänge aus Gitarre, Bass und Keyboard umrahmen eng geknüpfte Gitarrenteppiche, die wie eine dichte akustische Wolkendecke wirken, um im bildsprachlichen Vokabular zu bleiben. Die Norweger wissen sie auf Knopfdruck auszurollen. Zwischendurch immer wieder kleinlaute Traurdigkeit. "Warum immer ich", greint diese Musik. Doch eins fehlt dabei: Eine Portion Wärme.

Man merkt nicht, dass Delaware ihr zweites Album fast komplett im Proberaum aufgenommen haben. Der Sound ist perfekt und glasklar. Das erweist sich wiederum als weniger perfekt - denn was Musik dieser Art eigentlich braucht, ist Atmosphäre. Fehlt sie, kommt schnell der Linkin Park-Effekt zustande: Es heult zwar jemand, aber ohne zu berühren. Was eigentlich eindringlich gemeint ist, wird zu einer in Pathos getränkten Kitsch-Pose. Soviel Selbstmitleid kann nicht jeder Mensch ertragen.

Ein Song wie "A Butterfly Kiss" schwebt über mehrere Minuten ziellos dahin und taugt als Hintergrundbeschallung, weil er einfach nicht übermäßig stört. Dazu kann man bügeln und spülen, immer wieder die gleichen Bewegungen in einer Endlosschleife ausführen. "Let Them Go" wirft Placebo- und Sigur Ròs-Momente in den Delaware'schen Songkochtopf, zwischendurch scheppert es gewaltig. Wehen da etwa Krähenfedern im Haar der Musiker?

"Evolve" erinnert hier und da ein wenig an Marjorie Fair. Der Anfang beginnt mit langsam gezupften Gitarrensaiten und dem ausnahmsweise authentisch klingenden Gesang vielversprechend. Man wünscht, dass sich der Track weiter entwickelt. Doch stattdessen verbleibt er in seinem Schema, bemüht den Verzerrer und hofft, dass der Effekt reicht, um den Song ins Ziel zu retten.

Reicht aber nicht. Der Track beißt sich selbst in den Schwanz. Eigentlich ist es egal, ob er viereinhalb Minuten lang ist oder nur drei. Im letzteren Fall müsste man eben etwas früher das Distortionpedal treten, um das Ende langsam einzuleiten.

Klischees dominieren "Lost In The Beauty Of Innocence". Hier noch ein wenig Radio-Pop, dort skandinavische Verzweiflung, die eindeutig zu dick aufs Brot geschmiert ist. Zur Auflockerung gibt's ein paar fett daher rockende Songs. Es ist nicht so, als wäre alles auf diesem Album grundschlecht. Vereinzelt blitzt immer wieder auf, was diese Band eigentlich leisten könnte. Leider bleiben diese Momente zu selten. Das Album will Seele mit der Brechstange und hat gerade deswegen keine.

Trackliste

  1. 1. The Fourteenth
  2. 2. Cs
  3. 3. A Butterfly Kiss
  4. 4. Let Them Go
  5. 5. Loss
  6. 6. Evolve
  7. 7. To The Unsung
  8. 8. For What Reason
  9. 9. Wish For
  10. 10. Unfold
  11. 11. You
  12. 12. With Fear And Anticipation

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