laut.de-Kritik

Wie ein Bob Dylan, der sich Mühe gibt, zu singen.

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Die Ähnlichkeit ist wirklich frappierend. Nach den ersten Takten des Openers "Trudy" greift die Hand zur Verpackung, um sicherzustellen, dass es sich nicht um eine verloren geglaubte Platte Bob Dylans aus den 60er Jahren handelt. Die E-Gitarre hat denselben Twang, die Stimme klingt nasal, hoch und anprangernd, die Melodie erinnert an "Mr. Tambourine Man", und auch eine klassische Mundharmonika fehlt nicht. Selbst das Porträt auf dem Cover sieht Dylan ähnlich.

Doch nein, der Täter heißt Dan Bern. Mit diesem Album hat der US-Amerikaner litauischer Abstammung sogar einen Preis bei den Annual Independent Music Awards gewonnen. Juror Ozzy Osbourne dürfte dabei dieselbe Verwechslung unterlaufen sein wie vielen anderen Hörern.

Gut, es gibt sicherlich Vergleiche, die unschmeichelhafter ausfallen. Doch Bern ist seit Anfang der 90er Jahre musikalisch aktiv und hat einen eigenen Stil entwickelt. Der Titelsong klingt schon folkpoppiger, bietet eine Frauenbegleitung am Mikrofon und erinnert an Bruce Springsteen oder Tom Petty. "Hör endlich mit dem auf, was du tust und atme durch", trägt Bern vor, wobei er sich nicht auf den alltäglichen Durchschnittsstress bezieht, sondern auf Umweltverschmutzung und Klimawandel.

Eine gerechtere Beschreibung Berns wäre die eines politisch engagierten Barden in der Tradition Woody Guthries oder Billy Braggs – eine Einordnung, sich im weiteren Verlauf des Albums bestätigt. Der lockere Sound von "Suicide Room" steht im harten Gegensatz zum Text, in dem es um Selbstmord geht: "Wenn ich schon nicht die Welt besiegen kann, dann vielleicht dieses Zimmer", denkt sich der Nachmieter, als er die Räumlichkeit bezieht, in der zwei Vorgänger sich das Leben genommen haben.

Jeder braucht eben eine eigene Herausforderung, um sich durchs Leben zu schlagen. Ob es sich nun um stundenlanges Beobachten des Regens handelt ("Rain"), die Suche nach Zeichen des Göttlichen ("Past Belief"), oder on man sich Tagträumen in einem der besten Stücken des Albums hingibt: "Visit In My Dream". Bern gelingt es, in wenigen Zeilen lebendige Kurzgeschichten zu erzählen.

Mit "Breathe" entpuppt sich der Singer/Songwriter als ein Bob Dylan, der sich Mühe gibt zu singen. Das Genre hat er sicherlich nicht neu erfunden. Dennoch versucht er nicht nur, es am Leben zu erhalten, sondern auch, ihm neue Kraft einzuflößen.

Trackliste

  1. 1. Trudy
  2. 2. Breathe
  3. 3. Feel Like A Man
  4. 4. Remember Me
  5. 5. Suicide Room
  6. 6. Tongue-Tied
  7. 7. Rain
  8. 8. Visit In My Dream
  9. 9. Past Belief
  10. 10. Another Man's Clothes

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