laut.de-Kritik

Ein Knabenchor macht Hardcore.

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Zehn Sekunden klimpert die E-Gitarre verzerrt vor sich hin. Dann singt die ganze Band ein wunderbares Paradoxon, während die Drums zu rollen beginnen: "The truth is I don't know one thing about honesty / I keep my fingers crossed behind my back, so you won't see." Es folgt eine unfassbare Mischung aus dissonanten Riffs, catchy Melodien, kantigem Emo-Hardcore und tanzbarem Indie.

Am liebsten singen City Light Thief im Chor. Das klingt im besten Fall nach Brand New, manchmal auch nach den Blood Brothers. Im schlechtesten Fall nach Knabenchor, der versucht, Hardcore zu machen.

Letzteres kommt zum Glück nicht ganz so häufig vor. Leider liegt es aber tatsächlich trotzdem am Gesang, dass City Light Thief auf Dauer anstrengen. Songs wie "Bones" oder "Panica" nerven teilweise der affektierten Stimme wegen. Zum Glück ist das nicht immer so.

Die musikalische Begleitung geht ohne jeden Zweifel als großartig durch. Die Jungs von City Light Thief lassen sich von vielen Bands, etwa Brand New, Touché Amoré oder Robocop Kraus, beeinflussen. Sie packen Ansätze und Ideen aus den unterschiedlichsten Genres in ihre Songs und bauen trotzdem ein homogenes Soundkonstrukt auf. Aus Tracks wie "Panica" oder "Makel" hört man immer wieder den intensiven Posthardcore von La Dispute heraus. "Travelogue" oder "Portland, Maine" funktionieren dafür gut in der Indie-Disco.

City Light Thief bauen selten große Gitarrenwände auf. Sie setzten vielmehr auf vielschichtige und verwobene Melodien aus Gitarre und Keyboard. Das macht die Songs unheimlich abwechslungsreich. In Sachen Dynamik und Vielseitigkeit macht den Jungs so schnell keiner was vor. Die Songs atmen tief ein, springen in die Luft, wirbeln wild herum, schlagen dabei um sich und landen wieder ruhig am Boden.

"In Full Swing" verbindet ein rasend schnelles Schlagzeug mit sanften, ruhigen Keyboard-Notes, in die immer wieder eine verzerrte Gitarre reinbratzt. Die sanfte Hymne "Helicopter Youth" schraubt sich nur für wenige Sekunden nach oben. Auch "Omori" zieht sich wabernd und still am Boden hin, bis die verzerrten Gitarren alles in Feedback und Rauschen hüllen. Ganz sanft und still endet der Song. Ein gutes Ende? Möglich, aber der größte Songbrocken steht noch bevor.

Die sechs Minuten von "Coudburst ~ Torrent" packen City Light Thief mit allem voll, das vorher auf der Platte passierte: dynamisches Auf und Ab, sachte Gitarrentöne und heftige Riff-Ausbrüche, Chor-Gesang und Geschrei, Indie und Hardcore. An den Schluss stellen sie tatsächlich noch einen waschechten Mewithoutyou-Part, bevor die ganze Band den Hörer im Chor nach Hause schickt.

Trackliste

  1. 1. Battue
  2. 2. Of Armstice
  3. 3. Bones
  4. 4. Panica
  5. 5. Portland, Maine
  6. 6. In Full Swing
  7. 7. Helicopter Youth
  8. 8. Makel
  9. 9. Travelogue
  10. 10. Omori
  11. 11. Cloudburst ~ Torrent

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