laut.de-Kritik

Indiepop, der nach Lemonheads und Weakerthans klingt.

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Es wirkt etwas wie billiges Name-Dropping, was Chelsy da veranstalten. Walter Schreifels, Nikolai Potthoff von Tomte und Mille von Knorkator haben jeweils eine Laudatio auf ihr neues Album verfasst.

Besonders einfallsreich ist keines der drei Grußworte. Sind heutzutage doch alle Bands "mit dem Herzen bei der Sache" und jegliche Musik "nimmt einen in den Arm", irgendwie.

Übel kann man dem Trio diese PR-Offesive allerdings nicht nehmen, versucht es mit "Sweet Medicine" doch nur hypothetisch auszuloten, ob da eine so richtig echte Musikerkarriere prinzipiell drin gewesen wäre. Denn Chelsy hat mit einer Hand voll Konzerte im Ruhrgebiet und zwei Alben in acht Jahren eigentlich nur den Status einer Band, die nach Feierabend existiert. Allemal ist eine solche regionale Szenebekanntheit besser, als ein Leben lang erfolglos dem Traum vom Popstar hinterher zu laufen.

Hier spielen drei Männer die Musik, die sie seit ihrer Jugend mögen und in der Praxis auch hinbekommen: Technisch nicht allzu anspruchsvollen, dafür aber mit vielen kleinen Gesten der Zurückhaltung ausstaffierten Indie-Pop, dessen Dreiminüter nach Lemonheads, Weakerthans oder Maritime nach ihrem Abschütteln der Hardcore-Altlasten klingen. Das ist zuallerst sympathisch, auch wenn nicht jeder der zehn Songs zu mehr als wohlwollendem Mitwippen einlädt.

Immerhin stehen "Who Needs Words" oder "Monique" für schönen Stehauf-Pop, wie er Besuchern des Immergut-Festivals, wo man die Klasse einer Band noch in Emotionen bemisst, jährlich Tränen der Rührung in die Augen treibt. An anderer Stelle, zum Beispiel in der schönen Miniatur "For My Friends", orientieren sich Chelsy auch am Northern Folk von Kristofer Aström.

Zwei Jahre hat man sich für "Sweet Medicine" Zeit gelassen. Nach Schweden sind sie für die Aufnahmen zum letzten Song "Difference" gefahren. Alle ihre Bekannten haben sie angerufen, die auf dem Album entweder ein paar Takte mitspielen oder sich für ein paar Bier um Aufnahme und Mastering kümmern, damit man deren sonstige Arbeit für Coma, Tocotronic und Tom Liwa auch noch erwähnen kann.

Und wenn man schon so selten ein Konzert spielt, müssen wahrscheinlich auch alle Freunde vorbeikommen und die CD kaufen. So hält man als moderner Performer heute sein soziales Netzwerk zusammen. Andere nennen das mit ironischem Unterton Erpressung.

Trackliste

  1. 1. Who Needs Words
  2. 2. So My World
  3. 3. Paris, Montreal, Rome
  4. 4. Monique
  5. 5. For My Friends
  6. 6. First Letter
  7. 7. Year To Year
  8. 8. Discotheques
  9. 9. First LPs
  10. 10. Difference

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