laut.de-Kritik

Mehr als nur ein One-Hit-Wonder.

Review von

"Wenn Popmusik nicht auf irgendeine Weise emotional ist, dann ist sie langweilig und öde. Ein Song ohne Emotion ist ein Song, der nichts wert ist." Was klingt, wie die Worte eines langjährigen Mitglieds des elitären Pop-Zirkus, ist das Statement einer 20-jährigen Britin, die bereits vor der Veröffentlichung ihres Debütalbums ganz genau zu wissen scheint, worauf es ankommt. Die Rede ist von Charlotte Aitchison alias Charli XCX, einem zierlichen Twen aus Hertfordshire mit Hang zu außergewöhnlichem Styling.

Dass Charli XCX aber nicht nur reife Zweizeiler von sich geben kann, bewies sie im Mai letzten Jahres, als sie sich mit ihrem für Icona Pop geschriebene Chartkracher "I Love It" mal eben so in nahezu jeder relevanten Charts-Liste der Welt breit machte. Mit ihrem Debütalbum "True Romance" versucht Großbritanniens momentan angesagteste Urban Dance Pop-Sensation dieser Tage vor allem, einen Stempel loszuwerden: den des One-Hit-Wonders.

Statt verbissen zusammengeschusterter Kalkül-Harmonien präsentiert sie unterschwellige Melodiebögen, die meist erst beim zweiten oder dritten Anlauf zünden. Auch die hybride Verkettung von flirrenden 80s-Pop-Synthies ("Nuclear Seasons", "Take My Hand", "What I Like"), toughen Hip Hop-Beats ("Cloud Aura") und atmosphärischen Gothic-Tupfern ("How Can I") erschließt sich dem Hörer eher zeitversetzt. Was für lange Gesichter bei der nach catchy Ohrwürmern lechzenden Fast Food-Hörerschaft sorgen dürfte, empfangen Anhänger detailverliebter Langzeit-Sounds hingegen mit Kusshand.

Der bereits seit 2008 emsig produzierenden Sängerin geht es nicht um einzelne Bausteine: "Ein Künstler wird erst dann interessant, wenn er ein in sich stimmiges Album vorweisen kann", so die Verantwortliche, die sich selbst als seltsame "Mischung aus Wednesday Addams aus der Addams Family, Winona Ryder in Beetlejuice und Baby Spice" beschreibt.

Während sich unzählige Single-Shootingstars noch Jahre nach ihrem ersten Sonntagsschuss mit dem Übergang zum anerkannten Langzeit-Künstler schwer tun, springt die junge Engländerin bereits mit ihrem ersten Longplayer über die One Hit-Wonder-Hürde. Zwar greift noch nicht jedes der unzähligen Klang-Rädchen ins andere, doch das stört nur am Rande.

Trackliste

  1. 1. Nuclear Seasons
  2. 2. You (Ha Ha Ha)
  3. 3. Take My Hand
  4. 4. Stay Away
  5. 5. Set Me Free
  6. 6. Grins
  7. 7. So Far Away
  8. 8. Cloud Aura
  9. 9. What I Like
  10. 10. Black Roses
  11. 11. You're The One
  12. 12. How Can I
  13. 13. Lock You Up

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