laut.de-Kritik

Machen Drogen und Geld glücklich?

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Kaum etwas tut dem eingefleischten Hip Hop-Fan so weh, wie zusehen zu müssen, wenn das geliebte Genre rabiat zugemüllt wird. Der Hängebusenhalter der Nation, Capital Bra, liefert mit "Makarov Komplex" ein Paradebeispiel ab.

Themenwahl und Vortragsweise bilden, wie der erfahrene BummTschak-Konsument weiß, das Ying und Yang des Sprechgesangs. Neuartige Themen im alten Gewand oder alte Themen im bisher ungehörten Vortrag trennen die Spreu vom Weizen. Was also hat Capital Bra in der Hinterhand, um den Rap-Horizont zu erweitern?

Einen neuartigen Vortrag jedenfalls nicht. Olexesh und Schwesta Ewa haben die Sparte der rappenden Slawen bereits in kompetent abgedeckt. Der Berliner mit ukrainischen Wurzeln fällt dagegen eher negativ auf. Gebrüllte und stoisch wiederholte drei bis vier Wörter-Hooks tragen nicht unbedingt zum Hörgenuss bei ("Alle Meine Jungs", "Ala'ba'ba", "Zieh Zieh Zieh", "Geld Machen").

Auch die Aneinanderreihung der Worte ist kein Spaß. Zwar bleibt das bewusste Weglassen von Wörtern (vorzugsweise Präpositionen und Artikel) ein beliebtes Stilmittel im Rap, dennoch liegt die Betonung hier auf bewusst und Stilmittel. Wenn Wörter falsch oder gar nicht genutzt werden, weil sie scheinbar die Kenntnis des Vortragenden nie erreicht haben, führt das zu Kopfschmerzen beim Zuhörer. "Mit wem willst du ficken Bra, lass ma' besser / lass dein Messer, Makarov eine Treffer". Bereits das "Intro" zeugt von Maus zu dem Haus-Reimen und stupiden Satzhülsen, die sich ohne Erbarmen durch "Makarov Komplex" ziehen.

Dabei liefert Capital Bra in "Nix Zu Reden" teilweise zusammenhängende Sätze: "Wir sind vorm Café / Ich steige aus und laufe rein / An seinen Jungs vorbei, es mischt sich keiner ein / Weil der Bratan ballert Blei, lauf' direkt zum Novoline / Schieß zwei Mal ins Bein und er quiekt wie ein Schwein." Auch Ansätze von bewusster Selbstreflektion sind vorhanden, "Mama Bitte Wein Nicht" und "Albtraum" beweisen es. Wenn dann jedoch "Zieh Zieh Zieh" ertönt, dessen erste 40 Sekunden aus "Whue Whue Whue" und "Ah"-Rufen bestehen, richtet sich jeder noch so tief eingewachsene Zehnagel in den 90-Grad-Winkel aus.

Die angenehmsten Momente der Platte steuern übrigens Ufo361 und AK AusserKontrolle bei, da beide den Wortschatz von "Makarov Komplex" erheblich anreichern und für Variationen im Flow sorgen. Produktionstechnisch bewegt sich Capital Bra auf Standard-Niveau des Straßenraps: Hörbar, aber nichts besonderes.

Auch bei der Themenwahl sieht es düster aus. Neben dem klassisch gewählten und viel zu großen Ego bildet die Straße das zentrale Motiv. Keiner der Songs weist auch nur eine neue Idee vor: Wir sind geil, alle anderen scheiße, und wir hauen jeden kaputt, der was anderes sagt. Bereits unzählige vor Capital Bra haben sich an diesem Themenkomplex abgearbeitet. Und wie die Unzähligen vor ihm scheitert auch er daran, das Posse-Gehabe interessant zu verpacken.

Doch trotz aller Belanglosigkeit lässt sich dem "Makarov Komplex" eine übergeordnete Message entnehmen. Capital Bra scheint nicht in der Lage, sich mit seiner Situation auseinandersetzen zu wollen. Er erzählt in 13 Songs über seinen Tagesablauf, ohne sich dazu zu positionieren. Sind die Eskalationen im Block nun geil? Machen Drogen und Geld glücklich? Oder ist es doch ziemlich blöd, wenn die eigene Mutter vor Sorge fast umkommt und die Kripo beinahe täglich vor der Tür steht? Eine Meinung darüber hat Capital Bra offensichtlich nicht. Es geht ja eh nur ums Geschäft.

Trackliste

  1. 1. Intro
  2. 2. Alle Meine Jungs
  3. 3. Ich Mach Alles Kaputt
  4. 4. Nix Zu Reden
  5. 5. Es Geht Ums Geschäft
  6. 6. Was 2 Hol 10
  7. 7. Ala'ba'ba
  8. 8. Zieh Zieh Zieh
  9. 9. Die Echten
  10. 10. Mama Bitte Wein Nicht
  11. 11. Albtraum
  12. 12. Geld Machen
  13. 13. Kuku187
  14. 14. 300 Grad

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