Porträt

laut.de-Biographie

Brisk Fingaz

"Jede Zusammenarbeit ist eine Bereicherung und Erfahrung für mich, da die Künstler alle sehr unterschiedlich sind", gibt Brisk Fingaz 2017 im Gespräch mit dem MAGIX Magazine begeistert von seiner Profession zu Protokoll. "In der Regel produziere ich eigentlich mit wenigen Ausnahmen erstmal die Beats und verschicke diese dann an die jeweiligen Künstler, die sich davon dann etwas aussuchen können. Dann schreiben diese darauf, nehmen es auf und schicken mir einen Bounce der Vocals, damit ich den Beat arrangieren kann. Nach Absegnen des Künstlers kann ich dann die einzelnen Spuren verschicken. Oder ich bekomme die einzelnen Spuren von den Aufnahmen und wenn alles fertig arrangiert ist, schicke ich den kompletten Song in Einzelspuren zum Mix weiter. Die Ausnahme ist, wenn Künstler direkt zu mir kommen und gegebenenfalls sogar bei mir aufnehmen."

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Brisk Fingaz wird im Herbst 1980 als Kai Aschemann im niedersächsischen Hildesheim geboren. Unabhängig vom eigenen, eher begrenzten Talent entwickelt er früh Interesse an Graffiti, was seinen kulturellen Einstieg markiert. Als musikalischer Ausgangspunkt fungieren Die Fantastischen Vier, später avanciert DJ Premier zu seinem persönlichen Vorbild. Aschemann durchdringt die Materie und entwickelt sich zu einem Hip-Hop-Romantiker.

"Es war einfach eine unglaublich geile Zeit", schwärmt er im Rückblick von seiner subkulturellen Sozialisation. "Auf Jams gehen. Mit 30 Leuten an einem Ort abhängen, der vollgeschmiert mit Tags aus dem Marker und der Can ist. Die Hosen Baggy, die übergroßen Jacken und Timberland-Boots. Die düstere Musik. Mobb Deep, Wu-Tang, Cypress Hill, Cella Dwellas und und und. Das war ein ganz anderes Lebensgefühl, das ich manchmal sehr vermisse. Heute hat Rap-Musik, der in den Charts stattfindet, nichts mit Hip-Hop zu tun."

Ein Kollege stellt den Kontakt zu DJ CSP her, der ihm vom "Babyscratch bis Transformer-Scratch" alle DJ-Grundtechniken beibringt. Im Alter von 16 Jahren kauft sich Aschemann die Digital Audio Workstation Samplitude Pro X, mit der er fortan selbst Instrumentals baut. Bei seiner Arbeitsweise fokussiert er sich auf das Sampling, was einen "warmen Sound" gewährleistet:

"Ich liebe es, Samples zu zerschneiden und zu verändern. Es hoch oder runter zu pitchen und daraus etwas völlig anderes zu kreieren. Wenn ich etwas in einem Sample höre, das mich inspiriert, habe ich den fertigen Beat im Kopf und wie es am Ende klingen soll. Aber natürlich habe ich auch Produktionen, wo ich ausschließlich mit VSTs arbeite, ohne ein Sample zu verwenden. Ich lasse mir aber auch gerne von Musikern etwas einspielen, wenn ich etwas im Kopf habe, was ich mit meinen Keyboard-Skills nicht hinbekommen würde."

Ab 2001 beginnt Fingaz im Umfeld des Freestyle-Rappers Spax öffentlich in Erscheinung zu treten, für den er etwa einen Großteil des Albums "Engel Und Ratten" produziert. Doch auch weniger bekannte Namen wie Kabelage, MB 1000 oder ZM Jay dürfen sich über Beats des Niedersachsen freuen. 2004 beteiligt sich Brisk Fingaz an der Entstehung von Franky Kubricks Album "Rücken Zur Wand". Ein Jahr später folgen Produktionen für "Die Linke Und Rechte Hand Gottes" von Snaga und Pillath, "Big Minden Mixtape Vol. II" von Stress & Trauma und "Palwolf" von Pal One. Gleichzeitig kommt es zum Bruch mit seinem langjährigen Weggefährten Spax: "Für mich war die Trennung anfangs sicher nicht toll, es hatte aber auch einiges Gutes. Ich konnte mich weiterentwickeln und mein Ding durchziehen."

Brisk Fingaz konzentriert sich zunächst auf sein Debütalbum, das im März 2005 erscheint. F.R., Mnemonic, Pillath, Beneluxus, Later One und einige andere befreundete Rapper geben sich auf "Gegenwind" die Ehre. Bereits ein halbes Jahr später folgt unter dem Titel "Innere Konflikte" ein Kollaboprojekt mit Lunafrow. Von Hiphop.de angesprochen, welche Rapper er bevorzugt auf seinen Produktionen hören wollen würde, erklärt er: "Wenn ich mir etwas aussuchen könnte, würde ich M.O.P. wählen. Trotzdem denke ich, dass man eher mal hierzulande sehen sollte, dass wir das alles nach vorne bringen. Natürlich würde ich gerne mit Savas oder Azad zusammen arbeiten."

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Erhobenen Hauptes zum Schafott.

Die erhofften Möglichkeiten ergeben sich schneller als erwartet. Für Savas fügt er ein Kapitel zur "John Bello Story" hinzu. Azad lässt eine Produktion als Testballon auf "Game Over" steigen, bevor er Fingaz Ende 2006 zusammen mit Sti, Martelli, M3, Noyd und Benny Blanco bei Bozz Music unter Vertrag nimmt. In der nationalen Szene zunehmend gut vernetzt, produziert er Instrumentals für "Mittelweg" und "Vorsicht, Stufe!" von F.R., "Ich bin deutscher Hip-Hop" von Sentino, "Insallah" und "Das Ist Meine Welt (Ihr Lebt Nur Darin)" von Manuellsen, "Hin Zur Sonne" von Casper, "Unter Der Sonne" von Chakuza oder "Ein Mann, Ein Wort" von Massiv. Auch Samy Deluxe, Gerard, King Orgasmus One und Godsilla setzen auf die Künste Brisk Fingaz.

Ende 2008 veröffentlicht Bozz Music das zweite Produzentenalbum "Einzelkämpfer" des Musikers. Die Namen der beteiligten Rapper fallen mit Kool G Rap, Curse, Sera Finale, Morlockk Dilemma, Jeyz und Azad klangvoller aus. Zum Song "Schicksal", eine Kooperation mit Godsilla, erscheint ein Video. Nach weiteren Produktionen auf Azads "Azphalt Inferno" und "Assassin" stellt Bozz Music Ende 2009 den Betrieb ein, was sich gleichermaßen negativ auf Brisk Fingaz‘ Vertrag auswirkt.

Ohne Label im Rücken bleibt Fingaz dennoch ungebrochen gefragt. Nach "Meine Zeit" und "Der Ghettotraum In Handarbeit" von Massiv, beliefert er mit Haftbefehl ("Azzlack Stereotyp") und Farid Bang ("Der Letzte Tag Deines Lebens") zwei der wichtigsten Newcomer mit Instrumentals. International arbeitet er für den französischen Sänger M. Pokora, dessen Album "À la Poursuite Du Bonheur" mit Dreifach-Platin in seinem Heimatland ausgezeichnet wird.

Auf dem hiesigen Markt folgen kommerzielle Erfolge und Goldene Schallplatten durch seine Beteiligung an "Jung, Brutal, Gutaussehend 2" von Kollegah und Farid Bang. Mit "Du Kennst Den Westen" und "Dissen Aus Prinzip" erhalten zwei seiner produzierten Stücke visuelle Umsetzungen. Rückblickend schwärmt Brisk Fingaz von der Zusammenarbeit. Farid Bang habe ihn angerufen "und sagte, ich solle ihm Beats schicken. Da ich aber so gut wie nichts in der Zeit produziert hatte, konnte ich ihm nur sagen, dass ich ihm nichts Großartiges schicken könnte. Er bestand aber drauf und so schickte ich ihm ein kleines Paket, worauf er wieder anrief und sagte: 'Brisk, du hast den Vogel abgeschossen, wir nehmen vier Beats für unser Album'."

Brisk Fingaz bleibt weiterhin gefragt. So hinterlässt er auf "Mama" von MoTrip ebenso seine Spuren wie auf "Augenzeuge" von JoKa, "Neue Deutsche Welle 2" und "Keiner Kommt Klar Mit Mir" von Fler, "Leben 2" von Azad und "Zurück Zum Glück" von PA Sports. 2016 kommt es nach elf Jahren Funkstille zur Wiedervereinigung mit Spax. Auf die erste EP "Privatvorstellung" folgen die Kollaborationen "Wahrheit" in limitierter Auflage und 2019 "Diamanten & Pechstein". Mit entschleunigten Boom-Bap-Beats schließt sich somit eine Dekade nach seinem Durchbruch der Kreis für Brisk Fingaz.

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