16. November 2000

"Oasis kamen in riesigen schwarzen Limousinen voller Blondinen"

Interview geführt von

(Christinas Gruß an die Leser)

Wie waren die Reaktionen auf das neue Album?

Recht gut wie ich finde. Es ist ein wenig schwierig, wenn man das in Zahlen ausdrücken möchte aber grundsätzlich sieht es sehr gut aus. Vor allem hier in Europa haben wir bislang die positivsten Reaktionen erhalten. Unser Label hier ist auch viel etablierter als in den Staaten. Hinzu kommt die Zusammenarbeit mit dem Majorlabel Virgin und das ist dann doch erheblich besser organisiert als die Arbeit in Amerika, wo wir bei einem sehr kleinen Independant Label sind. Ich habe eigentlich gar keinen Plan, was drüben abgeht.

Wir bekamen das erste Promotion-Material ja schon Ende 1999.

Das Album wurde in Japan schon 1999 veröffentlicht.

Ihr habt auf "Whiteout" zum ersten Mal Drumloops verwendet ...

Ja, das war das erste mal, Yes Sir, Du hast vollkommen recht, haha. Wir wollten einfach einen hypnotischeren Beat haben, der sich konstanter durch den Song zieht. Hollis hat aber alles eingespielt, wir haben es dann einfach geloopt.

Werdet Ihr dann auf der nächsten Platte noch mehr elektronisches Zeugs verwenden?

Keine Ahnung, ich bin nicht gegen neue Technologien, wenn es dem Song gut tut und er so bleibt, wie wir ihn geschrieben haben. Hollis hat ja auch alles eingespielt, es war nur effizienter, dann zu loopen. Wichtig war nur, dass das nicht im Gegensatz zum Songwriting steht oder dazu, wie Hollis die Sachen live spielt. Wenn man die Technik richtig einsetzt, kann sie sehr hilfreich sein.

Am Ende waren es fünf Leute, die Whiteout produziert haben, warum das?

Eigentlich wollte ich nur einen haben, aber die Zeit wurde einfach zu knapp. Wir hatten nur zwei Wochen im Studio zur Verfügung und so mixten wir den ganzen Kram in einer wahnwitzigen Geschwindigkeit, zwei Songs pro Tag. Die Crux bei der Sache ist, dass ich das Ganze gerne mit etwas Abstand betrachte und es zu Hause auf meiner Anlage anhöre und das ist ja etwas ganz anderes als wenn Du die Musik im Studio hörst, mit diesen Riesenlautsprechern, wo sich alles toll anhört. Man muss das auch auf einer Anlage hören, die scheiße klingt. Deswegen brauche ich ein wenig länger, um mit dem Mix einer Scheibe zufrieden zu sein. Nachdem dann alles abgemischt war, gab es einige Dinge, mit denen wir nicht zufrieden waren und so fragten wir einfach einige Freunde von uns, ob sie da mal nachhelfen könnten, das führte dann dazu, dass es am Ende fünf Leute waren, die für den Sound zuständig waren.

Ihr habt auf der Platte den Song "Itchy & Scratchy" und Du hast schon einmal erwähnt, dass Du die Simpsons magst. Habt Ihr schon einmal über einen Gastauftritt bei den Simpsons nachgedacht?

Ich könnte nicht glücklicher sein, wenn uns Groening fragen würde, ob er Boss Hog bei den Simpsons auftauchen lassen könnte. Ich fand die Folge mit Sonic Youth, als Homer beim Lollapalooza war, ziemlich gut. Es wäre eine Ehre für uns, wenn wir bei den Simpsons mitmachen könnten, ich finde sie einfach großartig.

Wie sieht bei Euch das Songwriting aus? Schreibt Ihr alles zusammen?

Ja, das entsteht gemeinsam. Wir ziehen uns in unseren Proberaum zurück und spielen drauf los. Jemand kommt dann mit einer Idee, andere greifen das auf, wenn sie es mögen. Jeder steuert dann irgendwie seinen Part dazu bei, so ist auch das gesamte Album entstanden. Auf der letzten Platte sind ein paar Stücke, die nicht so entstanden sind. "Beehive" hat Jens geschrieben und Hollis hat "Strawberry" beigesteuert. "Jaguar" stammt von Mark Boyce. Wir arbeiten dann gemeinsam an den Songs und verfeinern sie dann.

(Daraufhin meldet sich Jens zu Wort, der die ganze Zeit über eher desinteressiert am Tisch saß und meint: "Monkey" ist von mir!)

Oh, daran kann ich mich gar nicht erinnern haha. Ja, Monkey ist ein großartiger Song, einer meiner Lieblingssongs auf der Platte. Verdammt, daran kann ich mich wirklich nicht mehr erinnern, haha. Wo wir gerade dabei sind, "Chocolate" stammt aus Jons Feder.

Nimmst Du sämtliche Promo-Termine wahr und kümmerst Dich allein um die Belange der Band?

Ja, ich bin da so reingerutscht. Mit fünf Leuten ist es einfach schwierig, alles zu koordinieren. Für mich scheint es einfacher zu sein, wenn ich das alles mache.

Ist das nicht nervig?

Wenn ich ehrlich bin, ist es nicht das Aufregendste, Interviews zu geben. Aber auf der anderen Seite bin ich sehr stolz auf die Platte und würde alles tun, was machbar ist, Leute auf die Scheibe aufmerksam zu machen, damit die sie sich auch anhören. Hinzu kommt, dass ich denke, ich wäre ein fauler Sack, wenn ich nicht raus gehe und diese Arbeit übernehme.

Ihr habt im Sommer auf keinem der deutschen Festivals gespielt, obwohl gerade Eure neue Platte erschienen war.

Ja, schade. Aber das liegt daran, dass wir alle nur ein kleines Zeitfenster zur Verfügung haben, um mit Boss Hog auf Tour zu gehen. Wir haben fast alle noch andere Projekte am Start und somit zu wenig Zeit. Wir wollten zwar auf so viel Festivals wie möglich spielen, aber letztlich hat es nur für Redding, Leeds, Pukkelpop, Lowlands und Winterthur gereicht. Dann haben wir uns entschlossen, in Deutschland eigene Headlinershows zu spielen. Wir haben uns darauf konzentriert, dort zu spielen, wo wir noch nicht waren. In Bochum und Karlsruhe waren wir noch nie und das ist sehr reizvoll. Aber es ist schon eine Erfahrung, auf Festivals zu spielen. Das Publikum ist viel zahlreicher als bei einer normalen Show von uns und die meisten davon wissen nicht einmal, wer Du bist. Das ist natürlich eine ganz andere Atmosphäre, aber es ist schön, beides auf einer Tour zu machen. In Redding und Leeds war es witzig, denn an dem Tag, als wir gespielt haben - das war so um eins am Mittag - waren Oasis der Headliner. Als wir da rumgelatscht sind, sind die mit ihrem Anhang aus zwei riesigen, schwarzen Limousinen ausgestiegen, die vollgepackt waren mit blonden Mädels. Das war richtig komisch und unterhaltsam. Als ich beim Lollapalooza war, hat es mir sehr gefallen, viele unterschiedliche Bands zu sehen. Dort habe ich auch Limp Bizkit zum ersten Mal gesehen.

Wie waren die?

Ich fand es ok und war überrascht, wie wohl sie sich in einer großen Arena zu fühlen scheinen. Fred hat eine gute Stimme und obwohl ich kein Fan ihrer Musik bin, haben sie einen guten Job gemacht. Zusätzlich hatten sie noch Pyros auf der Bühne, haha.

Ich frage Dich jetzt nicht, wie es ist, mit dem Ehemann auf Tour zu sein.

Danke! Danke vielmals, ich weiß das zu würdigen! Hahaha.

Was sind die Pläne für die Zukunft von Boss Hog?

Wenn wir die Tour hier beendet haben, werden wir nach Australien gehen und danach würde ich gerne die ersten drei Boss Hog-Platten wieder veröffentlichen. Was danach passiert, wird sich zeigen. Jon ist zur Zeit sehr damit beschäftigt, Songs für andere Projekte zu schreiben, aber im Moment schaue ich nicht weiter in die Zukunft, sondern konzentriere mich auf das, was wir im Moment tun.

Was macht Euer Auftritt im Internet?

Die Seite ist noch nicht fertig. Bislang haben wir nur die Tourdaten drauf, ein paar Videos und MP3-Files. Ich habe versucht, die Rechte an der Domain "Boss Hog" zurück zu bekommen, dann haben wir einfach den Namen rumgedreht. (www.hogboss.com) Wir hinken mit den Inhalten hinterher, denn der Typ, der das für mich macht, ist zwar ein Genie, aber sehr langsam. Aber ich verspreche, dass es sich dann lohnen wird, auf der Seite vorbei zu schauen. Wir werden Einiges drauf packen, was sehr ungewöhnlich ist.

Ist das nicht sehr aufwendig?

Ha, das Angenehme an der Geschichte ist: dadurch, dass er seinen Arsch nicht hoch bekommt, hat er von mir noch kein Geld gewollt, und deswegen möchte ich ihn auch nicht zu sehr bedrängen, haha.

Das Interview führte Alexander Cordas.

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