laut.de-Kritik

Die Streicher sind verschwunden, die Melancholie bleibt.

Review von

"We were young, we were right, when we wrote this / We were burning bright, didn't slow it in the night". An Selbstbewusstsein mangelt es Johannes Sigmond alias Blaudzun nicht. Das lässt sich direkt im Opener seiner neuen Platte heraushören. Zu Piano, Gitarre und Glockenspiel wirkt "When We Wrote This" wie die Predigt vor der großen, feierlichen Zeremonie – mit Sigmond als Zeremonienmeister.

Es ist bereits sein sechstes Studioalbum, doch die goldenen Zeiten sollen damit nicht vorbei sein, sie stehen noch bevor. Der androgyne Songschreiber aus den Niederlanden mit kinnlangem Haar und überkandideltem Dreitagebart möchte mit "Jupiter (Part II)" endgültig überzeugen. Er mutet seinem Folk-Pop deshalb tendenziell lieber zu viel zu. Dann geht man bestenfalls nicht in den Heerscharen stilistisch ähnlicher Singer/Songwriter unter.

Das elektronische "Mud" schlägt anschließend einen Haken, "Tear Gun" versucht sich an der Kompositionslogik von Get Well Soon, mäandert dabei aber ähnlich ziellos umher, wie die bis dato letzte Platte von Konstantin Gropper ("Love"). Streicher, die noch weite Strecken des Ende 2016 erschienenen Vorgängers "Jupiter (Part I)" dominierten, treten gänzlich in den Hintergrund. Chöre gibt es so gut wie keine mehr. Dafür übernehmen jetzt Bläser (vor allem ein Baritonsaxophon) und Analog-Synthesizer.

In "To Be Lost In 87" geht diese Rollenverschiebung prima auf, auch wenn der darin verschraubte Optimismus erneut sehr nahe an den kanadischen Indierockern Arcade Fire gebaut ist. Um aus dem langen Schatten von Win Butler & Co. zu treten, dürfte das zwar zu wenig sein. Um sich erfolgreich dahinter zu festigen, reicht es allemal. Es überwiegt ein handwerklich sauberer Eklektizismus – meistens nett, doch selten zwingend – der sich bestens ins Gesamtbild von Blaudzuns Oeuvre einreiht.

Der radsportbegeisterte Musiker, der das Album zusammen mit seinem Bruder Jakob Sigmond produzierte, proditiert von Anfang an vom Windschatten seiner Vorbilder. Ein Ende ist nicht in Sicht. Denn "Jupiter (Part II)" ist erst der mittlere Teil eines Album-Triptychons, dessen Konzept bis auf die Dreiteiligkeit nur schwer zu entschlüsseln ist. Die Themen sind zu vielfältig und bilden wohl Sigmonds aktuelle Lebenslage ab.

"Press On (Monday's Child)" schreibt er beispielsweise für seine Tochter. Weil Teenager wohl tendenziell nicht auf den Ratschlag ihres Vaters warten, fasst Sigmond seine erzieherischen Gedanken in diesem Song zusammen und formuliert sie als gute Absichten – einige davon ironisch. Vielleicht nimmt sie sich ein paar davon ja zu Herzen.

Sollte das nicht gelingen, darf man, wie im energischen Instrumentalsong "Manic Talk" bereits angedeutet, davon ausgehen, dass "Jupiter (Part III)" noch ein Stück entschlossener ausfallen wird.

Trackliste

  1. 1. When We Wrote This
  2. 2. Mud
  3. 3. Press On (Monday's Child)
  4. 4. Tear Gun
  5. 5. Outside The Lights Of The City
  6. 6. To Be Lost In 87
  7. 7. Modern Talk
  8. 8. Manic Talk
  9. 9. Mud (Airplane Mode)

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