laut.de-Kritik

Vollblutmusiker, wohin man schaut.

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"A Decade Of Soul, Jazz & R'n'B" - eindeutiger hätte die schwedische Sessionformation ihr Best-of-Album kaum untertiteln können. Ausführlicher aber wohl: Neben Soul, Jazz und R'n'B bietet "Gold" weiter eine großzügige Portion Disco, ordentlich Hip Hop sowie etwas Dancehall. Der Funk, das versteht sich von selbst, ist allgegenwärtig. Eine derartige Vielfalt zu präsentieren, ohne dabei beliebig zu wirken, ist eine Herausforderung, wenn nicht gar ein kleines Kunststück und gelingt Drummer und Produzenten Martin Jonsson mühelos.

Es darf ja auch ruhig ein kleiner Gemischtwarenladen sein, wenn man sich nach Jahren im Showgeschäft zu einem Best-of-Album entschließt. Ja, ganz genau: Auch die "Decade" im Untertitel ist wörtlich gemeint. Blacknuss spannen den Bogen von "Let's Go Through The Motion", einer Instrumentalnummer im Jamsession-Stil mit dominanten Bläsersätzen und Percussion aus den Händen von Malando Gassama (der bereits mit ABBA arbeitete), bis zu ihrer aktuellen Single "All You Lovin'": R'n'B-Lady Awa Manneh und Rapper ADL liefern sich, untermalt von kräftigen Bässen und orientalisch tönender Instrumentalisierung, ein Duett, das sich hören lassen kann. Awa Mannehs Gesangsparts machen wesentlich mehr her als die doch eher 08/15-mäßige Hookline zunächst vermuten lässt; sie harmonieren wunderbar mit ADLs gelassenen Raps. Wie häufig bei skandinavischem Hip Hop der Fall, bringt auch ADL in seinen Zeilen eine Unaufgeregtheit an den Start, von der andere MCs oft nur träumen können.

Neben eigenem Material ergehen sich Blacknuss gerne einmal in Coverversionen. An sich kein Problem, es stellt sich nur die Frage: Muss es wirklich unbedingt eine derart ausgelutschte Nummer wie "Last Night A DJ Saved My Life" sein? OK, genau dieses Cover war 1996 der größte Erfolg der Combo. Zugegeben, das Stück gewinnt im Vergleich zur Plastik-Disco-Vorlage dank klasse arrangierten Bläsern und lässig dahin flockendem Bass ungemein. Und, ja! Nai-Jee-Rias Gesang ist toll, und ADL (Wieder ADL! Wer ist dieser Kerl eigentlich?) ergänzt das Ganze mit Raps, die sich auch Mitte der 90er schon nach sehr alter Schule angehört haben dürften. Aber trotzdem: Wer, bitteschön, braucht eine wenn auch handwerklich noch so gut gemachte Neuauflage eines Discoklassikers, der einem ohnehin schon wirklich und wahrhaftig gleichermaßen zu Ohren und Hals heraushängt? Ich nicht.

Ich halte mich lieber an "Atlantis", ebenfalls aus dem Jahr 1996. Zur Abwechslung mal ganz ohne Vokalisten jammen Blacknuss vor sich hin, dass es eine einzige Freude ist. Die Sache groovt, als stamme sie direkt aus den glitzernden 70ern - und ein Vibraphon bekommt man schließlich auch nicht alle Tage zu Ohren. Dazu Esbjörn Svensson am Klavier: Man könnte glatt meinen, man habe es mit einer der langsameren Nummern der Average White Band zu tun.

Andere Tracks klingen dafür erstaunlich modern und bedienen sich im aktuellen R'n'’B - wie gesagt. Die gebotene Bandbreite ist beachtlich. Noch beeindruckender ist das durchgehend extrem hohe technische Niveau. Keine Frage, Vollblutmusiker, wohin man schaut: Matthias Torell (Eagle-Eye Cherrys Gitarrist) läuft unter anderem in "Looking Up To You" zu Höchstformen auf, Viktoria Tolstoy liefert Backing-Vocals für Titiyo in "Seventh Heaven" ... Nicht unbedingt Schwedens B-Mannschaft, die hier aufläuft. Martin Jonsson hat nicht nur bei der Produktion sämtlicher Tracks die Hände im Spiel, nein: In erster Linie gibt er den personifizierten Funky Drummer. Und das, das muss man ihm lassen, macht er großartig.

Trackliste

  1. 1. All Your Lovin'
  2. 2. Don't Break My Heart
  3. 3. Rising To The Top
  4. 4. Thinking Of You
  5. 5. Dinah
  6. 6. Last Night A Dj Saved My Life
  7. 7. Everytime You Do That Thing
  8. 8. Seventh Heaven
  9. 9. Diamond Eyes
  10. 10. Atlantis
  11. 11. Lt Should Have Been You
  12. 12. Getaway
  13. 13. Let's Go Through The Motion
  14. 14. Looking Up To You
  15. 15. All Your Lovin'
  16. 16. Freaky
  17. 17. Roll With Me

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