laut.de-Kritik

Kennt der Mann denn keine Zwischenstufen?

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Mit seinem neuem Album lässt Bibi Tanga gemeinsam mit seinen Selenites die Sonne aufgehen. Hatte "Dunya" noch den Mond als Mittelpunkt, brennt es nun gleich mit 40° vom Himmel. Kennt der Mann denn keine Zwischenstufen? Also, T-Shirt aus und ab in die Hitzeschlacht. Es wird heiß.

"40° Of Sunshine" entstand in spontanen nächtlichen Jam-Sesions. Über die von Professor Inlassable kreierten Loops improvisierte die Band, ließ die einzelnen Stücke wachsen. Erst dann nahm sich Bibi Tanga der Songs und Lyrik an. Mehr als zuvor ist "40° Of Sunshine" das Album einer Band, nicht eines einzelnen Künstlers.

"Poet Of The Soul" schließt nahtlos an "It's The Earth That Moves" vom Vorgänger an. Fiebrige Keyboards frischen den Sound auf. Von den Wänden tropft kondensierter Schweiß. Die Gitarre beginnt, wie ein wildgewordenes Hutzelmännchen durch die Szenerie zu springen. Tanga zupft munter an seinem Bass, während er Zeilen aus Walt Whitmans "Leaves Of Grass" zitiert.

Afro-Rock zeigt sich in "Banda A Gui Koua" und "Kangoya" erst von seiner fröhlichsten Seite, dann mit einem Cembalo angefunkt. "Kangoya" lautet in der Heimat des Sängers der Name für Palmwein, "Banda A Gui Koua" der einer traditionellen Gemüse-Speise. Essen und Trinken halten nun einmal den Soul zusammen.

Wie das Flimmern einer Luftspiegelung auf einer einsamen heißen Straße setzt "Laughing Song" ein. Der Funk beißt wie fließendes Salz in den Augen, während Tanga ein Gedicht von William Blake zitiert. "Do What You Wanna Do" steigert sich wie ein schwüler Sommertag, bis es in einem Gewitter aus verzerrter Gitarre und wirbelndem Schlagzeug eine kurze Erfrischung findet.

"Dark Funk" markiert eine Zäsur. Die Sonne geht unter, und die Nacht legt sich schwül und schwer über das Land. Aus den Boxen tönt mit "Happy Dustman" eine sachte Erinnerung an Trip Hop, halb auf Französisch, halb auf Englisch. In der Zwischenzeit verfallen die Streicher dem Irrsinn.

Bibi Tanga & The Selenites behalten die Formel aus "Dunya" bei. Sie verfeinern in Nuancen und Zwischentönen, wirken moderner, elektrisierender. Tatsächlich legen sie nochmals eine Schippe auf ihr schon loderndes Feuer drauf. "40° Of Sunshine" wirkt tropisch und lässt mit einer Hand die Sonne berühren.

Trackliste

  1. 1. Poet Of The Soul
  2. 2. My Heart Is Jumping
  3. 3. Banda A Gui Koua
  4. 4. Can't Handle This
  5. 5. Laughing Song
  6. 6. Kangoya
  7. 7. Do What You Wanna Do
  8. 8. Dark Funk
  9. 9. Happy Dustman
  10. 10. People Are Working
  11. 11. 40º Of Sunshine
  12. 12. Attraction

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