laut.de-Kritik

Der kleine Hirnfick mit ungewöhnlichen Arrangements.

Review von

Atrox waren schon immer die etwas andere Band. Sozusagen der kleine Hirnfick, wenn man sich von gängigen Songstrukturen und griffigen Melodien ein wenig angeödet fühlt und auf der Suche nach ungewöhnlichen Arrangements und atypischen Melodiebögen ist. Fünf Jahre sind seit "Orgasm" ins Land gegangen und auch bei Atrox gab es in der Zeit einschneidende Veränderungen.

Sängerin Monika hat sich ja schon kurz nach der Veröffentlichung der letzten Scheibe verabschiedet und an Bass, Keys und Gitarre kam es ebenfalls zu Wechseln. Am markantesten ist aber natürlich die Tatsache, dass mit Rune Folgerø nun ein Mann hinter dem Mikro steht. Wie der sich bei den alten Sachen anstellt, lässt sich bislang noch nicht beurteilen, doch bei den neuen Songs beweist er ein enormes Spektrum. Mit zahlreichen Voicesamples und Trip Hop-Elementen setzt "Rertroglazed" ein und macht richtig Dampf. Rune hat stimmlich etwas von Burton C. Bell, wenn der mit rauer Stimme singt, ohne dabei zu brüllen.

Ein wenig fühlt man sich wie bei einer Kettenkarussellfahrt unter Drogen. Die Lichter fliegen an einem vorbei, alles wirkt surreal und sämtliche Eindrücke sind fast schneller und massiver, als dass man sie bewusst wahrnehmen kann. Nicht weniger treibend, allerdings ohne Trip Hop-Beats, geht es mit "No Coil For Tesla" weiter. Dafür greifen die Schweden auf jede Menge Keyboards und Sounds zurück, die nicht weniger beeindrucken sind. Dennoch verharren die Gitarren in der zweiten Reihe oder bleiben gar außen vor und sorgen damit ebenfalls für einen mächtigen Drive.

Ruhiger, aber nicht weniger sonderbar und interessant wird es mit "Traces", das zwar mit Tribalbeats arbeitet, aber dennoch anders daher kommt, als alles, was man sich sonst so hierunter vorstellt. Dabei wird es aber nie zu komplex und driftet nur selten (wie in "Orgone") in Kopfweh-Musik ab, auch wenn "Headrush Helmet" ein wenig in die Richtung tendiert. Dabei schreckt die Band weder vor Akkordeon, Spinett, Streichern oder Industrial-Klängen zurück und erschafft aus allem eine schlüssige Symbiose.

"Filthmonger" legt in Sachen Härte ein gutes Pfund zu, lässt aber immer noch Raum für sehr filigrane Klaviermelodien. Kein Wunder, sind Gegensätze für die Band noch lange kein Grund, sie nicht miteinander zu vereinen. Berechenbar ist bei Atrox sowieso nichts und so folgt mit "Tight Tie" eine ganz ruhige, dennoch leicht verstörende Klangkollage. Dazu tragen nicht nur die Voicesamples, sondern auch die Musik selbst bei. Der Titeltrack steigt anschließend mit Industrial-Sounds ein, macht aber in den folgenden sechs Minuten die volle Reise durch harte Gitarren, abgespacte Hippieklänge und alles was dazwischen und daneben liegt durch.

Deutlich entspannter bietet sich da der Anfang von "Castle For Clowns" dar. Das bei Atrox aber mindestens eine Gehirnwindung explodiert ist, sollte spätestens nach dem Mittelteil klar sein. Stimmlich erinnert Rune in diesem Song sehr an Hugo Ferreira von Tantric. Auch mit dem abschließenden, sehr jazzigen und zuweilen auch nervenstrapazierenden "Transportal" machen sie es einem nicht gerade einfach. Wer sich aber die Zeit nimmt und sich mit "Binocular" beschäftigt, wird auf keinen Fall enttäuscht sein, sondern ein Album mit extrem langer Halbwertszeit entdecken.

Trackliste

  1. 1. Retroglazed
  2. 2. No Coil For Tesla
  3. 3. Traces
  4. 4. Headrush Helmet
  5. 5. Filthmonger
  6. 6. Orgone
  7. 7. Tight Tie
  8. 8. Binocular
  9. 9. Castle For Clowns
  10. 10. Transportal

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