laut.de-Kritik

Sexueller Punkrock im kölschen Kleide.

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Deutsche Gitarrenmusik mit Punkrock-Aspekten, für diese Sparte waren in Deutschland jahrelang beinahe ausschließlich die Ärzte oder die Hosen zuständig. Da beide Bands ihren Zenit schon vor Jahren überschritten haben, ruht seit ihrem Debütalbum die Hoffnung Aller auf Angelika Express. Mit "Alltag Für Alle" wollen die drei Kölner nun die Frage beantworten, ob sie das Zeug dazu haben, sich in der Königsklasse zu etablieren, oder ob die Revolution ihr jüngstes Kind bereits wieder gefressen hat.

Diesbezüglich beschert die vorliegende Platte ein Wechselbad der Gefühle: Einzelne Songs driften immer wieder in undefinierbare poppige Sphären, während andere richtig derbe auf den Putz hauen. Songs wie die Single "Nimm Mich Mit" oder "Rock Fucker Rock" langweilen eher, als dass sie vom Hocker hauen. Ganz anders präsentieren sich die Musiker bei "Nico Päffgen", einer Hommage an die Velvet Underground-Röhre mit einem rohen, düsteren Gitarrenlauf.

Zwischenmenschliche Beziehungen von Männlein und Weiblein dominieren weite Teile der Platte. Selbst wenn Sex aus purer Lust und ohne Rücksicht auf Gefühle das Thema sind ("Schenke Mich"), gelingt es dem Trio, ein Schmunzeln ins Gesicht zu zaubern. "Es Wird Böse Enden" sollte sich besser kein frisch Verliebter zu Gemüte führen - wer hört schon gerne, dass seine Beziehung eh nur noch ein Jahr hält, ganz egal wie rosa die Brille noch scheinen mag?

Richtig klasse wird es bei "Ich Glaub' Ich Bring Dich Besser Um". Robert Drakogiannakis besingt eine Dame, mit der er sich trotz spontaner Abneigung auf ein Techtelmechtel einlässt. Und beschreibt sein Problemlösungspotenzial, als sie sich in ihn verliebt. Im Hintergrund sorgt Moulinettes-Chanteuse Claudia Kaiser dafür, dass sich der Refrain dauerhaft im Kopf festsetzt. Das ganze kleidet sich in eine powervoll treibende Punkrockmelodie, die vollkommen mitzureißen vermag. Besser klingen Angelika Express selten - mehr davon!

Obwohl auch "Feierabend Of Destruction" und "Sexueller Punkrock" durchaus gefallen, und die Scheibe in Hälfte zwei deutlich an Substanz gewinnt, kann sie ihrem Vorgänger nicht das Wasser reichen. Den kölschen Akzent hört man nur noch mit gutem Willen heraus, die freche Punkattitüde wirkt längst nicht mehr so kompromisslos.

"Alltag Für Alle" ist ein typischer Zweitling nach einem überragenden Debüt. Ein gutes, solides Album, das die riesigen Erwartungen einfach nicht erfüllen kann. Angelika Express - nächste Station: Königsklasse - wenn's gut läuft.

Trackliste

  1. 1. Es Ist Zeit!
  2. 2. Das Ist Verrat
  3. 3. 1970
  4. 4. Nico Paeffgen
  5. 5. Rock Fucker Rock
  6. 6. Feierabend Of Destruction
  7. 7. Nimm Mich Mit
  8. 8. Es Wird Boese Enden
  9. 9. Antonia
  10. 10. Ich Bring Dich Besser Um
  11. 11. Schenke Mich
  12. 12. Radio
  13. 13. Sexueller Punkrock
  14. 14. Am Ende Der Geschichte
  15. 15. Cocktail Fuer Eine Leiche

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LAUT.DE-PORTRÄT Angelika Express

Angelika Express, das sind die längste Zeit Sänger und Gitarrist Robert Drakogiannakis, Schlagzeuger Alex Jezdinsky und Jens Bachmann am Bass gewesen.

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