Porträt

laut.de-Biographie

95 Karat

95 Karat entsprechen 19 Gramm. Das klingt nicht eben üppig. Betrachtet man jedoch Edelsteine, wenn sie in Karat gemessen werden, hat man es in dieser Größenordnung allerdings mit einem ganz ordentlichen Klunker zu tun. Goldzähne, dicke Ketten und Bling-Bling sind allerdings nicht das Feld, auf dem sich Sören Kröll besonders hervor tut. Er wirft statt dessen gehaltvolle Texte in die Waagschale.

Die 95 in seinem Bühnennamen leiht sich der damals 15jährige bei der Jahreszahl. Advanced Chemistry veröffentlichen nach einigen bahnbrechenden Maxis endlich ihr Albumdebüt. Der Geschichte schreibende Sampler "Die Klasse Von '95" zeigt einen Querschnitt durch die bestehende Szene. 1995 ist ein gutes und wichtiges Jahr für den deutschen Hip Hop. 95 Karat kommt über sein Hobby, das Skaten, erstmals mit Rap-Freunden in Berührung. Mit einem davon beginnt er, eigene Texte zu verfassen. Hauptsächlich, weil er "etwas anderes als alle anderen" tun will.

Einmal damit angefangen, kommt 95 Karat von den Reimen nicht mehr los, es fehlen jedoch messbare Fortschritte. "Ich kannte keine Leute, die mir weiterhelfen konnten", bemerkt er rückblickend und fügt selbstkritisch an: "Ich war wohl wahrscheinlich auch noch nicht so weit." Erstaunlicherweise bringt 1999 der Umzug nach Bad Kreuznach frischen Wind in 95 Karats Hip Hop-Karriere. Er trifft auf die Crew De'Campus, die alte Glut entfacht sofort neu: 95 Karat greift wieder häufiger zu Stift und Mikrofon.

Auch in diesem Rahmen entwickeln sich die Dinge nicht wunschgemäß. 95 Karat verlässt die Truppe gemeinsam mit Tutor p. P.; die beiden gründen Formsache. Zwei Rapper, ok. Da fehlt aber doch noch was? Richtig. Die Beats. 95 Karat befindet sich voll im Euphorieschub, den neue Projekte oft mit sich bringen, verschuldet sich und erwirbt Keyboards und einen MPC: Der Beginn einer Produzenten-Laufbahn. Kaum haben 95 Karat und Tutor p. P. einige brauchbare Stücke zusammen, veröffentlicht Formsache 2000 die sechs Tracks starke EP "Per Einschreiben".

Kurz darauf stehen Formsache zum ersten Mal auf einer Bühne. "Für unseren ersten Auftritt waren wir richtig gut." Wer denkt: "Oho, jetzt geht's aber los!", der irrt. Kaum zwei Monate später zwingen berufliche Gründe 95 Karat zu einem Umzug. Sein Rap-Partner nimmt ein Studium auf. Die Wege trennen sich. Formsaches erster Live-Gig bleibt ihr letzter.

95 Karat gerät 2002 an die Jungs von StyleXpansion. Insbesondere die Arbeitsmoral von S.L.A.P. und Loki macht Eindruck auf ihn; er lässt sich anstecken. Kaum ein Jahr später stellt er sein Debüt-Album "Augenzeuge" fertig. Bereits hier zeichnet sich die Melancholie als beherrschende Stimmung in seinen Beats und Raps ab. Eine Richtung, in die sein zweites Album noch tiefer vordringt. "Persönlich" folgt im September 2005.

Wie auch bei der Vorgänger-LP, behält 95 Karat die Produktion fest in der Hand. Mit einer Ausnahme stammen die Beats aus der eigenen Schmiede. Samples (Streicher, Klavier und akustische Gitarren) dominieren den Klang. 95 Karat baut auf Melodien, die ins Ohr gehen. Nachdenken und die inhaltliche Nähe zum Hörer gehen ihm deutlich über eventuelle Clubtauglichkeit. "Persönlich" trägt seinen Titel zu Recht. Als Gäste lädt er sich die Menschen ein, die ohnehin seinen Weg begleiten: Die Mitglieder der StyleXpansion-Crew kommen (einzeln und in Gruppen) zu Wort.

Mit "Hasengasse 7 - 9" präsentiert 95 Karat einen aufbereiteten Formsache-Track, für den der alte Weggefährte Tutor p. P. noch einmal vorbei schaut. Storytelling wird groß geschrieben. 95 Karat entwirft in der Tradition seiner Vorbilder Blumentopf, Freundeskreis und Torch in seinen Lyrics Geschichten; jeder Track bildet einen eigenen kleinen Kosmos.

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