laut.de-Kritik

Rapper, bleib bei deinen Reimen!

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"Get Rich Or Die Trying". Hemmungen, den Titel seines Erfolgsalbums von 2003 ein weiteres Mal aufzuwärmen, scheint 50 Cent nicht zu verspüren. Warum sollte er auch: Diese Platte trug ihm schließlich beachtliche Verkaufszahlen ein. Wie etliche seiner Kollegen vor ihm, versucht sich jetzt also auch Curtis Jackson an der Schauspielerei.

Den Soundtrack für sein Leinwand-Debüt besorgt 50 selbst, das dürfte wohl ebenso klar sein, wie die Tatsache, dass selbstverständlich seine G-Unit-Brüder mit an den Start gehen. Zu den vertrauten Nasen Lloyd Banks, Young Buck und dem unvermeidlichen Knastbruder Tony Yayo gesellen sich M.O.P. und Mobb Deep als Neuzugänge in den Reihen der Gorillas.

Sollte sich der Kinofilm als ebenso spannend heraus stellen wie der zugehörige Score, ist vom Genuss ohne vorausgehenden Konsum anregender Substanzen unbedingt abzuraten - Monotonie regiert. "Get Rich Or Die Trying" erweist sich zwar durchgehend als um Klassen besser produziert als beispielsweise Yayos Debüt (das zu unterbieten wäre auch ein Kunststück gewesen), doch was helfen dicke Bässe (wohin man schaut), Samples mit Disco-Soul-Appeal ("What If"), nette Bass- und Gitarrenläufe ("Things Change") oder der Einsatz eines alten Hasen wie Nate Dogg ("Having A Party"), wenn in den einzelnen Tracks nichts, aber auch gar nichts passiert?

Das übliche G-Unit-Problem: Strophe, Hook, Strophe, Hook, Stimmlage und Tempo dürfen sich auf gar keinen Fall ändern, Strophe, Hook, nicht selten besteht das Instrumental aus bis zum Erbrechen überstrapazierten Wiederholungen eines einzigen Einfalls. Strophe, Hook, noch jemand wach?

Ja, 50 Cent legt einen mehr als brauchbaren Flow an den Tag, erinnert im "Hustlers Ambition" gar ein wenig an den seligen 2Pac. Ja, auch Young Buck mit im Vergleich etwas tieferer Stimme ist gut zu hören, wenn er auch lange nicht so flüssig daher kommt wie Kollege Lloyd Banks. Ja, obwohl er nuschelt, obwohl "Born Alone, Die Alone" musikalisch wirklich überhaupt nichts hergibt und obwohl seine Zeilen in "Get Low" von einer ebenso primitiven wie überlauten Melodie nahezu erstickt werden, bleibt dieser mein G-Unit-Lieblingsrapper.

Dennoch, keiner der Herren vermag, auf Tracklänge zu fesseln. Zu der Eintönigkeit der Raps gesellt sich die der Musik. Zuerst werde ich müde und dann - ob des Diebstahls wertvoller Lebenszeit - entsetzlich sauer. Als ganz besonders erbärmlich bleibt der Beitrag Tony Yayos im Gedächtnis: "Fake Love" bedient sich bei Roy Ayers "Everybody Loves The Sunshine". Dieser Klassiker hat weder einen solch öden Beat noch einen derart lahmen Rapper verdient. Bei "Window Shopper" dachte ich mir (nicht zum ersten Mal, übrigens), ob es wirklich die Idee des Jahrhunderts ist, wenn 50 sich zum Singen entschließt. Rapper, bleib bei deinen Reimen!

Den Gesang könnte eigentlich Olivia übernehmen, die einzige Lady in der Unit durfte schließlich bereits bei der ein oder anderen Gelegenheit beweisen, dass sie in dieser Disziplin nicht die schlechteste Figur macht. Sie wird allerdings wieder zum schmückenden Beiwerk degradiert: Auf ihre kaum wahrzunehmenden Background-Vocals im ohnehin total belanglosen "We Both Think Alike" hätte man auch verzichten können. Erstaunlich, wie selbst ein Track, in dem fünf MCs antreten, in einer Weise ereignislos verlaufen kann wie "I Don't Know Officer". Hohe, gehetzt klimpernde Pianotöne erinnern hier an das Thema aus "Halloween", während ich die von Dr. Dre produzierte Nummer "Talk About Me" bereits in Form von Akons "Locked Up" gehört zu haben meine.

Gibt es eigentlich auch Lichtblicke? Wohl, aber die sind dünn gesät. Der Einsatz von Bass, Gitarre und E-Piano in "Things Change" ist hübsch anzuhören. M.O.P. bringen in "Death Becomes You" zum ersten Mal so etwas ähnliches wie Dynamik ans Mikrofon. Mit dem ruhigen, gitarrenbeherrschten "When It Rains It Pours", ebenfalls eine Dr. Dre-Produktion, könnte ich mich notfalls arrangieren.

Die einzige wirklich empfehlenswerte Nummer versteckt sich allerdings im Bonusmaterial: Hi-Tek lässt perlende Klavierklänge auf wuchtige Bassschläge treffen und bastelt daraus für "Best Friend" einen Beat, der in seiner Musikalität in diesem Rahmen wahrhaft fehl am Platz wirkt. Ein einzelner wirklich überzeugender Track ist verdammt wenig für ein ganzes Album.

Ich versteh's nicht. Nach jeder neuen G-Unit-Veröffentlichung sehe ich noch weniger ein, woher wohl der Hype um 50 Cent und seine Mannen gekommen sein mag. Ich halte durchaus für möglich, dass mich eines Tages ein G-Unit-Album zu Tode langweilen wird, wenn der bestehende Trend anhält.

Trackliste

  1. 1. Hustlers Ambition
  2. 2. What If
  3. 3. Things Change
  4. 4. You Already Know
  5. 5. When Death Becomes You
  6. 6. Have A Party
  7. 7. We Both Think Alike
  8. 8. Don't Need No Help
  9. 9. Get Low
  10. 10. Fake Love
  11. 11. Window Shopper
  12. 12. Born Alone, Die Alone
  13. 13. You A Shooter
  14. 14. I Don't Know Officer
  15. 15. Talk About Me
  16. 16. When It Rains It Pours
  17. 17. Best Friend
  18. 18. I'll Whip Ya Head Boy

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