laut.de-Kritik

Ein Album über Tod und Vergänglichkeit.

Review von

Die neue Tunng-LP "Tunng presents...Dead Club" beschäftigt sich mit dem Tod. Sam Genders soll von dem Roman "Trauer ist das Ding mit den Feder" so begeistert gewesen sein, dass er seinen Bandmitgliedern die Geschichte über einen Vater und seinen zwei Söhnen, die nach dem Tod der Mutter gegen die Dämonen des Verlusts anzukämpfen lernen müssen, zum Lesen gab. Das Buch inspirierte die Briten zu einem Konzeptalbum und einem Podcast mit Ärzten, Psychologen und Forensikern, die über die Inhalte der Musik sprechen.

Viele Songs sind melancholisch und ruhig im ersten Moment, bauen sich weiter auf. Eine fast kindliche Leichtigkeit entsteht, während Genders über das Sterben aus verschiedenen Blickwinkeln singt beziehungsweise berichtet. Dabei sind die Textinhalte auch dank der immer wiederkehrenden Tonfolge d-e-a-d eng mit der Musik verwoben.

"Eating the Dead" bezaubert mit sanften Vocals, die sich wie die warme Sonne auf den Rücken legen und einen warmhalten. Die Lyrics erinnern hingegen an Kannibalismus "Lay you on my kitchen table, Cut you open tenderly, Eat your heart and eyes and mouth, Every word you spoke to me". Immer wieder gibt es gesprochene Sequenzen in diesem Song und auch in einigen anderen Stücken auf der Platte.

Mit düsteren Synths beginnt "Death Is The New Sex". Dazu mischen sich fröhliche Klänge einer Gitarre und Unterwasser-Geräusche, die sich etwas gedämpft anhören, so als würde man Musik in einem Schwimmbad hören mit dem Kopf abgetaucht. Tunng begegnen dem Tod hier mit Humor "Death is the new Sex, everybody is talking about it ... coming soon to fuck us all".

Die Band hat sich mit dem Tod als Tabu befasst und dabei fiel ihr auf: "Interessanterweise haben wir das Gefühl, dass sich die Menschen in vielen modernen Umgebungen wohler fühlen, wenn es um Sex geht als um den Tod. Wir gehen davon aus, dass der Durchschnittsbürger mehr darüber weiß, wie man Geschlechtskrankheiten oder ungewollte Schwangerschaften vermeidet, und dass er sich mit der Vorstellung von sexueller Lust oder seiner eigenen Sexualität wohler fühlt, als je zuvor. Ich bin sicher, dass daraus eine Menge Gutes entstanden ist. Jetzt scheint es so, als ob die Menschen anfangen, mehr über den Tod zu sprechen".

"SDC" ist die Abkürzung von Swedish Death Cleaning. Ein Prozess des Entrümpelns der eigenen Wohnung vor dem Tod. Dahinter steckt der Gedanke, die Aufräumarbeiten nicht den Hinterbliebenen zu überlassen, sondern selbst bewusst Ordnung zu schaffen. Der Song macht gute Laune, bestimmt auch beim Aufräumen und Aussortieren, auch wenn der Titel etwas makaber ist.

Tunng illustrieren auf "A Million Colours", wie die Welt ohne sie selbst weitergehen würde, und wie sie es sehen und fühlen können. Sie können sich jedoch keine Welt ohne jemand anderen vorstellen - das "You", über das im Refrain gesungen wird.

Typische Folk-Klänge gibt es auf "Three Birds" zu hören. "The Last Day" führt mit einem Zitat ein. Eine Frau überlegt, was nach dem Tod kommen könnte. Weiter geht es mit den Gedanken, die einen am letzten Tag in den Kopf kommen könnten, die sehr banal scheinen. Eine häufiger eingesetzte Methode auf dem Album ist das Spoken Word, wie zum Beispiel auf "Man". Der Track erinnert an "Midnight Summer Dream" von The Stranglers.

Ohne große Schnörkel oder übertriebene Traurigkeit haben Tunng ein Album über die Vergänglichkeit und den Tod geschaffen, auf dem ihr typischer Folktronica-Sound die Schwere aus der Thematik nimmt. Die Scheibe macht Freude beim Hören und könnte vielleicht sogar die Beschäftigung mit dem Sterben vereinfachen. Durch die fröhlichen Klänge betrübt die Musik nicht, sondern stimmt einen auf bewusste, aber auch positive Art und Weise nachdenklich.

Trackliste

  1. 1. Eating the Dead
  2. 2. Death Is The New Sex
  3. 3. SDC
  4. 4. Three Birds
  5. 5. A Million Colours
  6. 6. Carry You
  7. 7. The Last Day
  8. 8. Tsunami
  9. 9. Man
  10. 10. Scared to Death
  11. 11. Fatally Human
  12. 12. Woman

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